Pouva Start und Perfekta, die DDR Bakelit Box Kameras aus den 50er Jahren

In den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden in der DDR neben Spiegelreflexkameras auch einfache Kameras für den kleinen Geldbeutel produziert. Wenn man diese Dinger auf Flohmärkten sieht, denkt man zunächst an Spielzeugkameras . Der Charme dieser Kameras entpuppt sich dann erst beim genaueren Hinsehen.

Es handelt sich um die Kameras Pouva Start vom Unternehmen Pouva aus Freital in Sachsen, sowie um die Kamera Perfekta vom Unternehmen Rheinmetall aus Sömmerda in Thüringen.

Perfekta I (links) und Pouva Start (rechts)
Perfekta I (links) und Pouva Start (rechts)

Beide Kameras sind aus dem Werkstoff Bakelit gefertigt. Bakelit gilt als der erste industriell hergestellte synthetische Kunststoff, er wurde vom belgischen Chemiker Baekeland entwickelt und zunächst von der Bakelite GmbH in Erkner bei Berlin produziert. Er besteht aus Formaldehyd und Phenol, zwei giftigen Substanzen. Im Bakelit sind diese beiden Substanzen verbunden und ungiftig. Der erste produzierte Kunststoff überhaupt ist übrigens Galalith, er besteht aus Formaldehyd Milchkäse (Casein)!

Heutzutage wird Bakelit kaum noch hergestellt, aus Galalith werden immerhin noch Plektren gefertigt. Bakelit ist im Gegensatz zu modernen Kunststoffen nicht recyclebar, da es sich auch unter Hitze nicht mehr verformen lässt.

Eigenschaften

Die Pouva Start und die Perfekta sind ausgesprochen simpel konstruierte Kameras. Von Pouva wie von Perfekta gibt es jewels zwei Varianten. Die erste Generation der beiden Kamerasysteme hat einen Faltsucher. Bei der Pouva ist dies ein optischer Sucher mit Linsen, bei der Perfekta sind das einfach nur Peilrahmen.

Perfekta I (links) und Pouva Start I (rechts)
Perfekta I (links) und Pouva Start I (rechts)

Bei der zweiten Generation der beiden Kameras ist ein kleiner Sucher auf das Gehäuse aufgesetzt.

Perfekta II (links) und Pouva Start II (rechts)
Perfekta II (links) und Pouva Start II (rechts)

Es gibt je nach Modell nur 2 oder 3 Blendenstufen. Die Anfangsblende ist so klein, dass die Schärfentiefe genügend groß wird, um alles einigermaßen scharf abzubilden. Das Objektiv selber besteht aus nur zwei verkitteten Linsen, Wunder darf man da nicht erwarten.

Blenden- und Zeitenrad an der Perfekta I
Blenden- und Zeitenrad an der Perfekta I

Filmformat 6x6

Die Kameras werden mit Rollfilm geladen, das Bildformat ist 6x6 wie bei der Pentacon Six oder der Hasselblad (ein gemeiner Vergleich). Auf einen Film passen 12 Aufnahmen. Wie bei anderen einfach konstruierten Rollfilmkameras üblich schaut man durch ein kleines rotes Guckloch in der Rückwand auf den Film, und kann dort die auf die Schutzschicht des Films aufgedruckten Bildnummern ablesen.

Verschluss

Bei der Pouva und der Perfekta I gibt es neben Langzeitbelichtungen (B) nur eine Verschlusszeit von 1/25, da muss man die Kamera schon ziemlich ruhig halten. Bei der Perfekta II kann man 3 Belichtungszeiten einstellen: 1/25, 1/50 und 1/100.

Bei der Perfekta II wird der Verschluss erst nach dem Filmtransport freigegeben. Das gibt es bei den anderen Kameras nicht; drückt man auf den Auslöser, öffnet sich der Verschluss. Prima für kreative Mehrfachbelichtungen.

Pouva Start geöffnete Rückwand
Pouva Start geöffnete Rückwand

Objektivauszug

Der Clou an der Pouva Start (I und II) ist, dass das Objektiv in einem dicken Plastikgewinde bis zum Anschlag herausgeschraubt wird. Erst dann ist die Kamera gebrauchfähig. Hierbei ist die Gewindesteigung genau so bemessen, dass die poppige POUVA Inschrift auf dem Objekt im ein- wie ausgefahrenem Zustand schön ordentlich oben sitzt.

Pouva Start mit eingefahrenem Objektiv
Pouva Start mit eingefahrenem Objektiv

Pouva Start mit ausgefahrenem Objektiv
Pouva Start mit ausgefahrenem Objektiv

Blitzaufnahmen

Blitzaufnahmen kann man mit der Zeiteinstellung B machen. Das heißt: Man öffnet den Verschluss und hält den Auslöser gedrückt, und zündet währenddessen den Blitz. Nach dem Blitz löst man den Verschluss wieder. Genauso wurden Blitzaufnahmen früher gemacht, als Kameras noch keine Synchronbuchen hatten, mit denen die Kamera dem Blitz sagen kann, wann er zünden soll. Ich dachte immer, dass B = bulb tatsächlich für „Blitzbirne“ steht, aber das ist wohl Quatsch - bulb meint hier einen pneumatischen Fernauslöser in Form eines Gummiballs, der per Luftdruck über einen an die Kamera angeschlossenen Schlauch den Verschluss öffnet. Immerhin - die Perfekta II hat sogar eine Synchronbuchse am Objektivtubus.

Zusammenfassung

Eigenschaft Pouva Start Pouva Start 2 Perfekta Perfekta II
Blende 8, 16 8, 16 7.7, 11, 16 7.7, 11, 16
Belichtungszeit 1/25 1/25 1/25 1/25, 1/50, 1/100
Sucher Klappsucher (optisch) Durchsicht (optisch) Klappsucher (Rahmen) Durchsicht
Synchronbuchse - - - x
Mehrfachbelichtungssperre - - x x
Objektivauszug drehen drehen fest ziehen

Pouva Start I (links) und Pouva Start II (rechts) nebeneinander
Pouva Start I (links) und Pouva Start II (rechts) nebeneinander

Pouva Start I mit aufgestelltem Sucher
Pouva Start I mit aufgestelltem Sucher

Pouva Start mit Bereitschaftstasche
Pouva Start mit Bereitschaftstasche

Perfekta II
Perfekta II

Bedienungsanleitung

Die Bedienungsanleitung für die Pouva, die ich mit den Kameras bekommen habe, ist genauso spartanisch wie die Kamera selbst.

Download Pouva Start Bedienungsanleitung (PDF)

Bedienungsanleitung Pouva Start (Seite 1)
Bedienungsanleitung Pouva Start (Seite 1)

Bedienungsanleitung Pouva Start (Seite 2)
Bedienungsanleitung Pouva Start (Seite 2)

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