Ein Ausflug nach Reckahn; Wanderung und ein beeindruckendes Schulmuseum

Heute geht es für einen Ausflug nach Reckahn, ein Dorf südlich von Brandenburg an der Havel.

Reckahn - immer wenn ich davon lese, denke ich unweigerlich an Tim & Struppis Abenteuer “Der Schatz Reckahn des Roten”, und so setzt sich der Ort mehr und mehr auf meiner Wunschliste der Ausflüge fest.

Also wird eine Wanderung rund um Reckahn ausgesucht, und bei der Vorabrecherche muss ich natürlich feststellen, dass es sich bei Reckahn nicht um einen Piraten handelt - der außerdem nicht Reckahn, sondern Rackham heißt.

Reckahn hatte große Bedeutung erlangt, weil dort der preußische Gutsbesitzer Friedrich Eberhard von Rochow (* 1734; † 1805) ein unerhörtes Vorhaben umsetzte: Rochow gründete nämlich in Reckahn eine Dorfschule, in der Bauernkinder (Jungen und Mädchen!) unterrichtet wurden. Das war seinerzeit sensationell, denn Schulbildung war bis dahin dem Adel und Bürgertum vorbehalten.

Wanderweg Reckahn

Wir starten unsere Tour in Reckahn am Schulmuseum und heben uns den Besuch des Museums für später auf. Erst einmal wollen wir wandern, nicht zuletzt unsere Hündin Milli verlangt danach.

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Fischteiche ohne Wasser

Die Tour geht vom Schulmuseum zum nahegelegenem Schloss Reckahn (Wohnsitz der Rochows), und dort durch den Gutspark. Der Weg ist schön und ruhig, und die nahegelegende Autobahn hört man nicht wirklich.

Schloss Reckahn, Wohnsitz der Rochows
Schloss Reckahn, Wohnsitz der Rochows

Idyllischer Weg von Reckahn zu den Fischteichen
Idyllischer Weg von Reckahn zu den Fischteichen

So langsam nähern wir uns den Fischteichen, doch was ist das? Anstatt Wasser sehen wir Wiesen und aufgesprungene Erde wie in Dürregebieten. Was ist hier passiert? Eine Mitarbeiterin des Schlosses erklärt uns später, dass jemand die Wehre geöffnet hat, und so das Wasser entwichen ist. Jetzt laufen wohl Gespräche mit dem Nabu, um irgendwie wieder Wasser in die Bassins zu bekommen. Denn die Teiche sind auch ein wichtiges Rast- und Brutgebiet der Vögel.

Später auf dem Weg kommen wir dann tatsächlich noch an gefüllten Becken vorbei; aber auch diese zeigen eine Schwund des Wasserstandes.

Anstatt Wasser: ausgetrocknete Fischteiche von Reckahn
Anstatt Wasser: ausgetrocknete Fischteiche von Reckahn

Aussicht auf trockene Teiche - der Röhrenhochsitz
Aussicht auf trockene Teiche - der Röhrenhochsitz

Reckahner Fischteiche - diesmal mit Wasser
Reckahner Fischteiche - diesmal mit Wasser

Rückweg nach Reckahn

Der Plan war, nach den Fichteichen noch einen Abstecher nach Krahne zu machen, doch unwillentlich haben wir nach den Teichen den direkten Weg nach Reckahn genommen. Auf einer winzigen asphaltierten Straße entlang eines lichten Waldes sind wir unterwegs, als wir von einer Reihe Oldtimern überholt werden. Ein schöner Anblick, der auch in die Landschaft passt.

Stille Wälder bei Reckahn ...
Stille Wälder bei Reckahn ...

... wenn nicht gerade Oldtimer durchknattern
... wenn nicht gerade Oldtimer durchknattern

Zurück in Reckahn spreche ich einen Fahrer an und erfahre, dass hier ein Event des Lions Club stattfindet, zu einem guten Zweck. Als ich seine alte, großartig restaurierte Mercedes Limousine lobe, bietet mir augenzwinkernd an, sie sofort gegen unseren Hund Milli zu tauschen. Nie im Leben! erwidere ich entrüstet; nichts anderes hat er wohl erwartet.

Blick auf die Barockkirche von Rochow
Blick auf die Barockkirche von Rochow

Schulmuseum Reckahn

Die alte Schule von Reckahn, heute das Schulmuseum
Die alte Schule von Reckahn, heute das Schulmuseum

Nun wollen wir das Schulmuseum besuchen. Kaum sind wir auf dem Gelände, kommt eine Frau auf uns zugelaufen und erlaubt uns, auch mit Milli in das Gebäude zu gehen. Friedrich Eberhard von Rochow setzte einen Vollzeitlehrer ein, den Herr Bruns, der seine Sache so außerordentlich gut machte, dass fast immer interessierte Leute mit im Unterricht saßen um sich die pädagogischen Konzepte abzuschauen. Diese Schule hatte Modellcharakater und setzte sich in vielen Dörfern durch.

Später im Kaiserreich wurde dann von dem modernen Lernen wieder abgewichen und auf Strenge und Härte gesetzt - im Klassenzimmer befindet sich eine Eselsmütze, die man bei einem Vergehen aufsetzen musste um von allen Leuten verspottet zu werden. Diese scheußlichen Methoden waren wohlgemerkt erst nach Bruns Schaffen im Kaiserreich wieder “modern”. Die Rochowsche Schule setzte auf Verständnis und Neugier, und förderte die Selbsttätigkeit der Schüler.

Schiefertafeln und Holzbänke im Schulmuseum Rochow
Schiefertafeln und Holzbänke im Schulmuseum Rochow

Die Eselsmütze - Schwarze Pädagogik des Kaiserreichs
Die Eselsmütze - Schwarze Pädagogik des Kaiserreichs

Schlossmuseum Reckahn

Nun wollen wir noch zum Schloss. Wir haben Hunger und Durst, und unser Ticket berechtigt auch zum Besuch dieses Museums. Der Parkplatz des Museums ist gut gefüllt mit Oldtimern, hier ist der offizielle Treffpunkt der Lions Club Gesellschaft.

Das Cafe macht erst in einer halben Stunde auf, also erst Museumsbesuch, dann Kaffee und Kuchen.

Das Schlossmuseum befasst sich im Gegensatz zum Schulmuseum vorwiegend mit den Rochows und dem Wirken von Friedrich Eberhard von Rochow. Sein Einsatz zur Reform des Schulwesens und der Bildungsmöglichkeiten des Bauerntums entsprachen den Motiven und Zielen der Aufklärung.

Kein Kuchen für Löwen

Endlich Kaffee und Kuchen! Während die Lions Club Gesellschaft auf der Wiese an Stehtischen parliert, holen wir mit dem Personal zusammen Tisch und Stühle aus dem Keller und machen es uns vor dem Schloss bequem. Kaffee und Kuchen kommt, beides verschlingen wir gierig und müssen eine weitere Portion ordern.

Neben uns lässt sich dann doch noch eine Gruppe Oldtimer an einem Tisch nieder, doch zu deren - und unserer - Überraschung bekommen sie keinen Kuchen serviert - denn “der ist den regulären Museumsgästen vorbehalten”.

“Wir bekommen nichts, und die bekommen sogar zwei Stück!” schnauft unser Nachbar wütend. Wir genießen die letzten Happen Kuchen, zahlen, und gehen an Porsche, Daimler, Jaguar & Co zurück zu unserer spießigen Familienkutsche.

Er war ein Lehrer!

Im Gutspark erblicken wir dann noch ganz zum Schluss den wunderbaren Gedenkstein, der zu Ehren des Lehrers Bruns aufgestellt wurde.

“Er war ein Lehrer” steht auf ihm geschrieben. Die schlichte Aussage bündelt all das, was Schule sein sollte (und doch so selten ist). Was ein engagierter Lehrer zu schaffen vermag, wenn er denn will, wenn er denn darf.

Er war ein Lehrer! Gedenkstein für H.J.Bruns
Er war ein Lehrer! Gedenkstein für H.J.Bruns

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