Designklassiker und vollwertige Kleinbildkamera. Die Agfa Optima Sucherkamera.

Die Optima Sensor Serie von Agfa wurde Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre produziert, und war und ist auch heute noch nicht nur ein Designklassiker, sondern auch eine tolle Kamera.

Zielgruppe der Kameras waren Amateur- und Gelegenheitsfotografen, denen das seinerzeit umständliche Handling (Filmwechsel, Belichtungseinstellung) abgenommen werden sollte. Kameras für den Massenmarkt zu produzieren, die einfach zu bedienen sind, ist ökonomisch sinnvoll - erst Recht, wenn man wie Agfa nicht nur Kameras, sondern auch Filme produziert hat und so doppelt verdient.

Design und Verarbeitung

Man kann sich der klaren Formensprache, die das Designbüro Schlagheck und Schultes, ab 1967 verantwortlich für die Agfa Produkte, kaum entziehen. Der Chrom der 60er ist abgeworfen, alles Überflüssige und Irritierende ist entfernt.

Ein riesiger roter Auslöser mit ganz sanftem Druckpunkt - daher die Bezeichnung Sensor - fordert geradezu auf, gedrückt zu werden. Der große Sucher ist auch beim Durchschauen eine Freude, hell und klar zeigt er die Welt.

Die schnörkellose Typografie ohne Serifen und das mattschwarze, hochwertige Kunststoffgehäuse, das zum Anfassen einlädt, machen das Bild komplett.

Zuviel Schwärmerei?

Mag sein. Für mich war es damals eine Traumkamera, die sich nicht verwirklichen ließ. So musste ich mit einer ISO-PAK Rapid vorlieb nehmen. Umso schöner, diese Kameras, die nichts von ihrem zeitlosen Design eingebüßt haben, jetzt in den Händen zu halten.

Technik und Bedienung

Die Technik der Agfa Optima ist über alle Modelle ziemlich identisch: Die Kamera verfügt über eine moderne Belichtungsvollautomatik/Programmautomatik, d.h. es werden Zeit und Blende automatisch gesteuert. Präferenz bei der Automatik hat eine kurze Belichtungszeit. Die Blende wird erst geschlossen, wenn die kürzeste Zeit erreicht ist; Hierdurch wollte man vor allem der Verwacklung von Bildern entgegenwirken. Auch der “Sensor”-Auslöser sollte hierzu beitragen - ein sanfter Druck genügt zum Auslösen der Kamera.

Beim Antippen des Auslösers leuchtet entweder eine grüne oder eine rote LED am Sucher auf:

  • grüne LED: Belichtungszeit kürzer als 1/30 - keine Verwacklungsgefahr
  • rote LED: Belichtungszeit zwischen 1/30 und 15 Sekunden - Kamera muss aufs Stativ oder auf festen Untergrund gelegt werden.

(Anmerkung: Die 335 hat nur eine rote LED).

Die Entfernung wird am Objektiv eingestellt. Das Topmodell Optima 1535 hat einen Mischbild-Entfernungsmesser (Messsucher), bei den anderen Modellen wird die Entfernung geschätzt und über Symbole eingestellt:

  • Person: Nahbereich (1,5 Meter)
  • Gruppe: mittlere Entfernung (3,5 Meter)
  • Berge: unendlich

Auf der Unterseite des Objektivs kann dann die Entfernung auch über eine Meter- oder Feetskala eingegeben werden. Da bei der 1535 die Entfernung präzise gemessen werden kann, befinden sich hier keine Symbole auf dem Entfernungsring, sondern direkt eine Entfernungsskala in Metern beziehungsweise Feet.

Das Einlegen des Filmes ist ebenfalls mit einem Schnellladesystem vereinfacht worden. Details zum Filmeinlegen stehen weiter unten im Artikel.

Die Objektive mit Namen “Solitar” sind 4-Linser mit Brennweite 40mm und Anfangsöffnung 2.8; das in dem Einstiegsmodell Optima 335 verbaute “Agnatar” ist nur ein Dreilinser mit Anfangsöffnung 3,5.

Das “Solitar S” hat im Gegensatz zum “Solitar” eine Mehrfachvergütung.

Eine größere Anfangsöffnung als 2.8 würde Probleme mit der Scharfstellung geben (Entfernungsschätzung!), denn die Belichtungsautomatik lässt ja die Blende bevorzugt offen und sorgt somit für eine geringe Schärfentiefe.

Die Objektive haben eine Naheinstellgrenze von 0,9 Metern. Fokussiert man auf diese Entfernung, hat man bei der Blende 2.8 (die ja von der Kamera bevorzugt eingestellt wird) nur einen Schärfebereich von etwa 8 Zentimetern. Man muss also schon ziemlich genau fokussieren; der Messsucher einer 1535 ist dabei hilfreich. Der Messsucher hat aber eine recht kleine Messbasis (Erläuterungen folgen) und ist technisch nicht vergleichbar mit dem Messsucher einer Leica M.

Am Objektiv ist auch ein Blendenring angebracht, der aber ausschließlich für die Blitzfotografie benötigt wird. Also nicht wundern, wenn man hier eine Blende einstellt, sich die Objektivöffnung aber nicht verändert.

Die Filmempfindlichkeit wird am Objektiv eingestellt. Die technsiche Umsetzung ist simpel, aber effektiv - es wird einfach ein Graufilter über die Messzelle geschoben. Apropos Messzelle: Diese befindet sich direkt unterhalb der Objektivlinse. Werden Filter aufgeschraubt, sitzt die Zelle auch hinter dem Filter. Manuelle Belichtungskorrekturen entfallen. Die Filmempfindlichkeit reicht von 25-500 ASA.

Falls man in die automatische Belichtungsteuerung eingreifen möchte, um gezielt unter- oder überzubelichten, so macht man das am besten über die ASA/Filmempfindlichkeitseinstellung.

Agfa Optima Funktionen Rückseite
Agfa Optima Funktionen Rückseite

Der Messsucher der Agfa Optima 1535

Messsucher sind präzise Instrumente, mit denen die Entfernung gemessen werden kann. Hierzu wird in der Mitte des Suchers ein weiteres Bild dargestellt, welches durch ein zweites, seitlich vom Sucher liegendes Fenster eingespiegelt wird.

Zur Scharfstellung wird der Entfernungsring am Objektiv so lange gedreht, bis sich die beiden Bilder im Sucher überdecken. Das geht mit etwas Übung kinderleicht, man muss nur daran denken, dass man das direkt vor der Aufnahme macht und auf das Motiv zielt, welches man scharf abgebildet haben möchte.

Technisch funktioniert das System durch eine Triangulation des Strahlenganges. Je weiter das Hilfsfenster vom Sucher entfernt ist (die Entfernung der beiden wird Messbasis genannt), umso präziser ist die Scharfstellung. Bei der Agfa Optima 1535 ist die Messbasis nicht sehr groß (im Vergleich zu einer Leica M), aber da das Objektiv auch keine große Anfangsöffnung hat, genügt es für diesen Bedarf.

Agfa Optima Entfernungsring 1535
Agfa Optima Entfernungsring 1535

Modelle

Die folgende Tabelle fasst das eben gesagte übersichtlich zusammen:

Modell Jahr kürzeste Zeit Objektiv Extras
Agfa Optima 335 1978 1/300 Agfa Agnatar 1:3.5/40, 3-Linser
Agfa Optima 535 1976 1/500 Agfa Solitar 1:2,8/40, 4-Linser
Agfa Optima 1028 ? 1/1000 Agfa Solitar 1:2,8/40, 4-Linser
Agfa Optima 1035 1976 1/1000 Agfa Solitar S 1:2,8/40, 4-Linser, mehrfach vergütet Selbstauslöser
Agfa Optima 1535 1979 1/1000 Agfa Solitar S 1:2,8/40, 4-Linser, mehrfach vergütet Messsucher
Agfa Optima Flash 1981 1/1000 Agfa Solitar 1:2,8/40, 4-Linser Blitzgerät

Es gibt zudem das Modell “Agfa Optima Sensor” ohne Nummernbezeichnung. Das Modell entspricht der Agfa 535 und wurde ab 1981 in Portugal produziert.

Agfa Optima Sensor Varianten
Agfa Optima Sensor Varianten

Filme für die Agfa Optima und Film einlegen

Die Agfa Optima benötigt handelsübliche Kleinbildfilme, wie sie auch in Drogeriemärkten angeboten werden.

Ein Standard-Farbfilm ist der Kodak Gold 200 135-36. Die erste Zahl bezieht sich auf die Filmempfindlichkeit (200 ASA), die zweite auf das Filmformat (135 = Kleinbildfilm), und die dritte auf die Anzahl der Aufnahmen (36 Aufnahmen). Erhältlich sind auch Filme mit 24 Aufnahmen.

Das Filmeinlegen ist recht einfach:

  • mit dem seitlichen Schieber die Rückwand öffnen; hierbei öffnet sich auch die Bodenklappe ein Stück,
  • Filmpatrone in die rechte Seite legen,
  • Filmlasche etwas herausziehen und in den Schlitz auf der linken Seite schieben,
  • Sicherstellen, dass die Zähne der Transportstangen sauber in die Perforation des Films greifen,
  • Rückwand und Bodenklappe schließen, und solange den Transporthebel und Auslöser betätigen, bis im kleinen Bildzählfenster an der Seite unter dem Auslöser die Zahl “1” erscheint.

Nach dem Einlegen des Films ist die korrekte Filmempfindlichkeit am Objektiv einzustellen.

Agfa Optima Funktionen Vorderseite
Agfa Optima Funktionen Vorderseite

Filmwechsel

Ist der Film voll (das erkennt man daran, dass der Transporthebel sich nicht mehr spannen lässt und die Zahl im Bildzählwerk auf 36 steht), drückt man den kleinen Knopf auf der Oberseite hinein und dreht ihn auf “R”.

Jetzt kann man den Transporthebel wieder betätigen; der Film wird nun in die Patrone zurückgespult.

Batteriewechsel

Für die Belichtungssteuerung der Kamera sind zwingend Batterien einzulegen; passend für die Kamera sind 1,5 Volt Batterien vom Typ V625U. Man benötigt 3 Stück.

Der Batteriewechsel kann nur bei geöffneter Rückwand geschehen. Den Deckel des Batteriefachs schiebt man ein paar Millimeter zur Seite, dann lässt er sich Aufklappen. Die Richtung, in der die Batterien eingelegt werden müssen, ist im Batteriefach angegeben.

Die Batterien werden von einer kleinen Metallfeder gehalten, die zum Einlegen oder Entnehmen der Batterien zur Seite gedrückt werden kann.

Wenn einem die Batterien versagen, während noch ein Film in der Kamera ist, muss man natürlich erst den Film in die Patrone zurückspulen.

Sind noch viele Fotos frei, hat man Pech. Man kann sich die Bildnummer im Bildzählwerk merken, und beim Rückspulen darauf achten, dass der Film nicht komplett in die Patrone gezogen wird. Nach dem Batteriewechsel wird der Film dann bis zum ersten freien Bild bei komplett verdunkeltem Objektiv durchgeknipst, was etwas dauern kann: die Kamera wählt dann maximal lange Belichtungszeiten…

Kaufempfehlung Agfa Optima Sensor

Aus Sicht der technischen Daten sollte man nicht zur 335 mit dem 3-Linser greifen, die auch nur eine 1/300 Belichtingszeit bietet. Ich habe mich in Foren zur Kamera eingelesen, wo darauf hingewiesen wird, dass es in Bezug auf die Abbildungsqualität keine großen Unterschiede zwischen den Objektivtypen gibt.

Ob man die 1/1000 Sekunde Belichtungszeit wirklich braucht, weiß ich nicht. Gestalterisch kann die Blende/Zeit eh nicht einstellen. Wenn man ein gutes Exemplar bekommt, ist es wahrscheinlich nicht so wichtig, ob es sich um die 535, 1028 oder 1035 handelt; Hauptsache, die Kamera befindet sich in einem guten Zustand.

Am teuersten ist das Topmodell 1535 mit dem eingebauten Messucher/Entfernungsmesser. Wenn man bevorzugt Nahaufnahmen macht, ist das die erste Wahl. Allerdings hat der Messsucher der 1535 einen Nachteil - er ist nicht so klar wie bei den anderen Modellen! Für die Reisefotografie würde ich deswegen wohl eher zur 535, 1028 oder 1035 greifen.

Die Agfa Optima Flash hatte ich noch nicht in den Händen; sie besitzt ja einen eingebauten Elektronenblitz (auch das war seinerzeit sensationell). Der Blitz hat aber ein recht klobiges Aussehen, welches das schöne Design - für mein Empfinden - erheblich stört.

Noch etwas - die Kameras wurden seinerzeit mit passenden Taschen angeboten; die ersten Modelle mit einer Art Leder-Hardcase, wo der Raum für das Objektiv stabil ausgeformt ist. Die nachfolgenden Kameras hatten dann Weichtaschen, die nicht soviel Platz wegnehmen.

Kaufpreise Agfa Optima

Die Kaufpreise für analoge Kameras sind in den letzten Jahren erheblich angezogen; davon sind auch die Agfa Optima Sensor Kameras betroffen. Stand August 2023 werden bei Ebay die Kameras je nach Modell für 30 € bis 200 € verkauft, in Einzelfällen noch deutlich darüber.

Tipps für den Gebrauchtkauf

Da die Kamera vollautomatisch die Belichtung steuert, sollte man drei frische V625U Batterien zur Hand haben. Beim Quick-Check der Kamera folgendes prüfen:

  • Die rote und grüne LED funktioniert (hierfür die Lichtsituation anpassen bzw. Messzelle am Objektiv abschatten)
  • Kamera löst aus, Druckpunkt ist weich. Beim Auslösen mit geöffneter Rückwand: Verschluss öffnet und schließt sich
  • Filmtransporthebel lässt sich ohne Widerstand geschmeidig bedienen. Bei geöffneter Rückwand: Transportrollen drehen sich.
  • Der Rückspulknopf rastet ein.
  • Bei der 1535: Der Messsucher funktioniert und ist justiert. Hierzu die Entfernung auf unendlich stellen und im Sucher prüfen, dass weit entfernte Objekte im Messbereich übereinanderliegen.
  • Die Rückwand wackelt nicht (weder geschlossen noch offen)
  • Die Linsen sind klar.

Viel Spaß beim Fotografieren mit der Agfa Optima Sensor!

Agfa Optima 1535 electronic
Agfa Optima 1535 electronic

Agfa Optima 1035 electronic
Agfa Optima 1035 electronic

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