Brandenburgs wildes Flüsschen - die Stepenitz am Marienfließ

Muss es eigentlich immer Brandenburg sein? Kann man nicht wie andere Menschen auch ans Mittelmeer in den Urlaub fahren? Wir haben es versucht, ehrlich. Aber eine Autofahrt dorthin wäre zu weit, und der Flieger kommt nur nachts an. Dann Mietwagen, und Ankunft um 2 Uhr früh. Und bei der Rückreise wäre es ähnlich gewesen. Obendrauf dann noch mieses CO2-Karma.

Natürlich haben wir das nicht gemacht, wir sind ja nicht blöd. Statt dessen sind wir in die Prignitz gefahren. Das Havelland haben wir im letzten Jahr ausgiebig erkundet, da fühlt sich auch die Prignitz wie die große weite Welt an.

Die erste Station ist Marienfließ an der Stepenitz. Ganze 1,5 Stunden hat die Fahrt gedauert, und wir sind da, wo wir hinwollen. Und irgendwie auch hingehören - in Brandenburg, wo sonst.

Kloster Marienfliess

Untergekommen sind wir im Hotel einer ehemaligen Klosteranlage im Ort Stepenitz am gleichnamigen Fluss. Das Zimmer ist toll, mit Blick auf die Stiftskirche. 10 Zimmer gibt es, familiär geführt. Abends kochen die Hotelbesitzer, danach kann man sich an den Kamin setzen, und kommt mit anderen Gästen ins Gespräch: dem Lokomotivführer aus Flensburg, und seiner Partnerin aus Dänemark. Auf dem Weg nach Prag sind sie, ihre Motorräder sind voll gepackt. Sie erzählen, dass sie normalerweise auch ihre Fahrräder mit auf Tour nehmen - Brompton natürlich.

Doch zurück zur Klosteranlage. Von ihr ist nur die Kirche übrig, die übrigen Gebäude wurden im 30-jährigen Krieg zerstört. Das Kloster stammt aus dem Jahr 1230, aus der Zeit also, als Brandenburg christianisiert wurde. Aber den besonderen Charakter hat die Anlage sich erhalten. Außen herum fließt die Stepenitz und sorgt immer für ein kühleres Klima als in der Umgebung. Vor der Kirche breitet sich eine große Wiese aus, und rings herum stehen alte Häuser.

Und von unserem Zimmer aus hat man einen wunderbaren Blick auf das ganze Ensemble.

Kloserhotel Marienfließ
Kloserhotel Marienfließ

Blick aus dem Fenster auf die Klosterkirche Marienfließ
Blick aus dem Fenster auf die Klosterkirche Marienfließ

Klosterkirche Marienfließ
Klosterkirche Marienfließ

Innenansicht Klosterkirche Marienfließ in Stepenitz
Innenansicht Klosterkirche Marienfließ in Stepenitz

Der Fluss Stepenitz

Namensgeber und auch sonst prägend für den Ort ist der Fluss Stepenitz, der direkt hinter der Kirche fliesst. Im Gegensatz zu einigen eher trägen Gewässern Brandenburgs (hat da jemand Havel gesagt?), hat die Stepenitz Gefälle und plätschert idyllisch vor sich hin. Es gibt einen kleinen Fussweg, der in der Nähe des Flüsschens verläuft. Einige Brücken führen hinüber und verbinden so den Ort mit der benachbarten Wald- und Heidelandschaft, dem Marienfließ.

Sehr klar ist die Stepenitz, und vor 20 Jahren hat man angefangen, Lachse wieder auszuwildern. Wehre mussten zurückgebaut werden, damit die Fische wandern können.

Die Sepenitz am gleichnamigen Ort
Die Sepenitz am gleichnamigen Ort

Brücke über die Stepenitz an der Klosterkirche
Brücke über die Stepenitz an der Klosterkirche

Wassermühle

Bei meinem Morgenspaziergang komme ich dann über eine weitere Brücke; das Häuschen nebenan sieht aus wie eine Wassermühle. Als dann eine ältere Dame ihren Kopf durch die Tür steckt, entwickelt sich ein nettes Gespräch über die Geschichte von Mühle und Stepenitz. Ihr Vater ist als Müllergeselle hier untergekommen; ein paar Jahre später hat er die Mühle übernommen. Sogar aus Mecklenburg sind sie angekommen, die Bauern, um ihr Getreide hier mahlen zu lassen. Denn Windmühlen gab es zu der Zeit schon lange nicht mehr, vor 150 Jahren soll es in der Nähe noch eine gegeben haben, auf einer Erhebung, dem Mühlenberg.

Auch einen Mühlenteich gab es - auf der anderen Seite des Weges, auf dem ich jetzt stehe - um das Wasser zu stauen und für genügend Druck auf dem Wasserrad zu sorgen.

Doch dann kam der Krieg, und die Mühle konnte nicht weiter geführt werden. Von der Mühlenausstattung ist nicht mehr viel da, das Wasserrad längst verfault, und als Kinder beim Buddeln am Mühlenteich die falschen Steine rauszogen, lief auch der Teich leer, jetzt ist dort eine Wiese.

Alte Wassermühle Stepenitz
Alte Wassermühle Stepenitz

Bauernende und Bürgerende

Ein Handwerkerdorf sei es gewesen, das Stepenitz, früher, erzählt die einstige Müllerstochter weiter. Schmiede, Schuhmacher, Tischler. Die Handwerker waren an dem Ende ansässig, wo sich auch die Klosteranlage befindet, Bürgerende hätte man diesen Teil von Stepenitz genannt - das andere Ende war das Bauernende.

Marienfließ

Das Marienfließ war zu Zeiten des Klosters einmal ein zum Kloster gehörender Wald. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Gelände von den Sowjets als militärischer Übungsplatz genutzt (davon gibt es in Brandenburg ja einige: Die Döberitzer Heide, die kleine Schorfheide, das Bombodrom). Als man sich nach der Wende von der militärischen Nutzung verabschiedete, begann die aufwändige Räumung von Sprengsätzen, die immer noch nicht abgeschlossen ist.

Wir haben eine kleine Wanderung durch das Gebiet gemacht. Zunächst geht es auf wunderbaren Pfaden durch einen Mischwald, dann gelangt man in die Heidelandschaft. Das Wetter war schwül und heiß, die Landschaft karg. Die Gegend beeindruckt, ist aber bestimmt zur Heideblüte im Spätsommer lohnender. Wir waren froh, als wir wieder im erfrischenden Laubwald an der kühlen Stepenitz waren.

Spaziergang im Marienfließ
Spaziergang im Marienfließ

Spaziergang im Marienfließ
Spaziergang im Marienfließ

Heidelandschaft im Marienfließ
Heidelandschaft im Marienfließ

Sprengmittel verseuchtes Gebiet des Marienfließ
Sprengmittel verseuchtes Gebiet des Marienfließ

Meyenburg

Am Abend machen wir noch einen kleinen Ausflug in das nahe gelegene Meyenburg, ebenfalls von der Stepenitz durchflossen. Ein Schloss gibt es dort, mit einem Modemuseum, dem ersten seiner Art in Deutschland. Nach Museum ist uns nicht zu Mute, und die Türen haben auch längst geschlossen, aber der Spaziergang im Schlosspark ist schön. Alte Bäume, viele Wege, die über Brückchen führen und Bänke zum Verweilen.

Wir schlendern danach noch durch die alten Gassen von Meyenburg und kommen zum Hagenplatz - ein langestreckter Platz mit Scheunen am Rand. Passanten klären uns auf, dass der Platz früher von der LPG genutzt wurde, um die Maschinen abzustellen - deswegen befindet sich in der Mitte eine hallenartige Überdachung. Nach der Wende wurde der Platz und die Überdachung renoviert, die lange Halle aber fängt den Wind und bläst ihn mit Schmackes hindurch - da bleibt keine Frisur sitzen.

Schloss Meyenburg
Schloss Meyenburg

Schloss Meyenburg
Schloss Meyenburg

Schlosspark Meyenburg
Schlosspark Meyenburg

Duftender Frühling im Schlosspark Meyenburg
Duftender Frühling im Schlosspark Meyenburg

Altstadtgassen in Meyenburg
Altstadtgassen in Meyenburg

Die Stepenitz - hier in Meyenburg noch ein kleines Rinnsal
Die Stepenitz - hier in Meyenburg noch ein kleines Rinnsal

Der Windkanal von Meyenburg
Der Windkanal von Meyenburg

Scheunenviertel Meyenburg
Scheunenviertel Meyenburg

Hübsche Parkwege im Schlosspark Meyenburg
Hübsche Parkwege im Schlosspark Meyenburg

Weitere Beiträge zum Thema