Die richtige Belichtungsmessung per Hand - am Beipiel Gossen sixtomat digital und Minolta Autometer IV f

Manchmal greife ich beim Fotografieren zu einem Handbelichtungsmesser – meistens, wenn ich analog arbeite und meine Kamera keinen eingebauten Belichtungsmesser hat. Aber auch bei digitalen Kameras kann er hilfreich sein: etwa in schwierigen Lichtsituationen, wenn das Motiv ungleichmäßig beleuchtet ist oder die Szene starke Kontraste aufweist.

Ich besitze zwei Geräte: den Gossen Sixtomat digital und den Minolta Autometer IV F. Beide werden heute nicht mehr produziert. Minolta ging schon vor Jahrzehnten in Konica-Minolta und später in Sony auf. Gossen dagegen ist eine deutsche Traditionsfirma, die weiterhin Belichtungsmesser herstellt. Wer ein Neugerät kaufen möchte, findet auch Modelle aus China; im Profibereich gilt jedoch Sekonic als Standard – ein japanisches Unternehmen, das seit über 70 Jahren Belichtungsmesser baut.

Richtige Handhabung

Handbelichtungsmesser sind vor allem für die Lichtmessung gedacht: Dabei misst man das Licht, das auf das Motiv fällt. Man geht also – wenn möglich – direkt zum Motiv und hält die Messzelle in Richtung Kamera oder Lichtquelle. Das unterscheidet sich von der Objektmessung, bei der – wie bei den meisten Kameras – das reflektierte Licht vom Motiv gemessen wird.

Für die Lichtmessung besitzen Belichtungsmesser eine Messkalotte: eine kleine halbrunde weiße Kuppel vor der Messzelle. Bei manchen Geräten ist sie fest eingebaut, bei anderen abnehmbar oder drehbar.

Ein Beispiel:

  • Bei einem gleichmäßig beleuchteten Portrait halte ich das Gerät vor das Gesicht, Kalotte in Richtung Kamera.
  • Bei einem Portrait mit hartem Seitenlicht kann ich die Kalotte in Richtung Lichtquelle drehen, um die Belichtung an den hellen Partien auszurichten. Der Rest des Gesichts versinkt dann bewusst im Schatten. Hier kommt es auf die gestalterische Entscheidung an.

👉 Faustregel: Immer die Lichtsituation am Motiv messen.

Wenn am Kamerastandort dieselben Lichtverhältnisse wie am Motiv herrschen (z. B. bei Landschaftsaufnahmen), reicht es, den Belichtungsmesser vor die Kamera zu halten – Kalotte in Richtung Objektiv.

Umgang mit starkem Motivkontrast

Die Lichtmessung funktioniert hervorragend, wenn ich etwa ein Gesicht vor einer sehr hellen oder sehr dunklen Wand fotografiere: Die Wand beeinflusst die Messung nicht. Schwieriger wird es, wenn das Motiv selbst große Helligkeitsunterschiede aufweist.

  • Will ich bewusst nur die hellen oder die dunklen Bereiche korrekt belichten, richte ich die Kalotte entsprechend aus.
  • Möchte ich den gesamten Helligkeitsbereich möglichst vollständig erfassen, mache ich mehrere Messungen und bilde daraus einen Mittelwert. Der Minolta Autometer IV F kann das automatisch, beim Gossen rechne ich im Kopf.

Für die richtige Belichtung ist vor allem die Belichtungstoleranz des Materials entscheidend – also wie stark ich über- oder unterbelichten darf, ohne Zeichnung zu verlieren. Der Belichtungsumfang beschreibt nur, wie viele Blendenstufen ein Medium insgesamt wiedergeben kann.

  • Schwarzweißfilm verzeiht relativ viel: 2–3 Blenden Überbelichtung sind oft noch brauchbar.
  • Farbnegativfilm reagiert ähnlich, verträgt leichte Überbelichtung, nicht aber Unterbelichtung.
  • Diafilm (E6) ist empfindlich und erfordert sehr genaue Belichtung (± ½ Blende).
  • Digitalsensoren schaffen zwar einen großen Dynamikumfang, reagieren aber empfindlich auf Überbelichtung – Lichter sind schnell verloren, Schatten lassen sich dagegen meist retten.

Ein großer Dynamikumfang bedeutet also nicht automatisch, dass ein Bild harmonisch wirkt. Ein Gesicht im Schatten kann trotzdem zu dunkel, eines in der Sonne zu hell sein.

Digital lässt sich das später in der Nachbearbeitung ausgleichen. In der analogen Fotografie gibt es dagegen zwei Wege: Bei Handabzügen kann man mit der Wahl der Papiergradation versuchen, den Kontrastumfang einzufangen und sowohl in dunklen als auch in hellen Partien Zeichnung zu erhalten. Oder man entscheidet sich bewusst: auf die Lichter oder auf die Schatten belichten – und nimmt in Kauf, dass der jeweils andere Bereich absäuft oder ausfrisst. Das ist keine Schwäche, sondern eine Gestaltungsentscheidung, die zu reizvollen Ergebnissen führen kann, weil man das Motiv über den Kontrast freistellt.

Schwierige Lichtverhältnisse: Gegenlicht
Schwierige Lichtverhältnisse: Gegenlicht

Schwierige Lichtverhältnisse: Dunkle Statue vor hellem Hintergrund
Schwierige Lichtverhältnisse: Dunkle Statue vor hellem Hintergrund

Gossen Sixtomat digital

Den Gossen Sixtomat hatte ich mir vor 25 Jahren gekauft, als ich meine erste Pentacon Six besaß. Er funktioniert bis heute zuverlässig, ist sehr handlich und einfach zu bedienen.

Die Kalotte lässt sich zur Seite schieben, um Objektmessungen durchzuführen – das nutze ich allerdings selten, da ich fast immer die Lichtmessung bevorzuge.

Die Bedienung ist unkompliziert:

  • Ein zentraler Messknopf dient zugleich als Ein-/Ausschalter; das Gerät schaltet sich nach einiger Zeit automatisch ab.
  • Zwei Wippen steuern die Funktionen:
    • mit der einen stellt man ISO, Zeit- oder Blendenvorwahl ein,
    • mit der anderen kann man die passenden Zeit-/Blendenkombinationen durchschalten.

Die Batterien halten ewig – wobei ich den Belichtungsmesser auch nur gelegentlich nutze.

Minolta Autometer IV F

Der Minolta Autometer IV F ist deutlich vielseitiger: Er kann neben der klassischen Lichtmessung auch Blitzmessungen durchführen. Dafür besitzt er Anschlussbuchsen, über die er den Zeitpunkt des Blitzes mitgeteilt bekommt. Über einen Mode-Button wählt man den Betriebsmodus:

  • AMBI (Ambient = Dauerlicht)
  • CORD (Blitzmessung mit Kabel)
  • NON.C (Non Cord - Blitzmessung ohne Kabel, Gerät erkennt den Blitzimpuls selbstständig)

Die Messkalotte ist drehbar und kann gegen Spotvorsätze getauscht werden (leider selten und teuer auf dem Gebrauchtmarkt).

Bedienungselemente:

  • Oberhalb des Displays:
    • Power (Ein/Aus)
    • A (Average – Mittelwertanzeige mehrerer gespeicherter Messungen)
    • M (Memory – speichert bis zu zwei Werte; ein dritter Wert kann zusätzlich angezeigt werden, überschreibt beim Speichern jedoch den ältesten)
  • Unterhalb des Displays:
    • ISO (ISO einstellen - Button gedrückt halten und mit der Wippe justieren)
    • F/no. – EV (Umschalten zwischen Zeit/Blenden-Kombination und Lichtwertanzeige)
  • Rechte Seite:
    • Messknopf (einmal drücken = Messung, gedrückt halten = kontinuierliche Messung)
    • Wippe (Durchschalten der Zeit-/Blenden-Kombinationen)

Besonders gelungen ist die analoge Skala der Lichtwerte: Der aktuelle Messwert und die gespeicherten Werte sind markiert, sodass man den Kontrastumfang direkt ablesen kann.

Vergleich der Geräte

Dass ich beide Geräte habe, war eher Zufall. Würde ich mich heute entscheiden müssen, würde ich den Minolta bevorzugen – wegen der drehbaren Kalotte, der Möglichkeit, mehrere Messungen zu vergleichen, und der Blitzmessung (auch wenn ich die nur selten brauche).

Der Gossen ist dagegen unschlagbar handlich, robust und sehr einfach zu bedienen. Falsch macht man mit keinem der beiden Geräte etwas – beide leisten mir seit langem zuverlässig gute Dienste.

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