Von einfach bis hochwertig: 8 analoge Vintage Objektive mit 50mm Brennweite

Vintage Linsen - also manuell fokussierbare Objektive aus der analogen Zeit - haben häufig einen besonderen klassischen Look, der sich von den modernen Objektiven unterscheidet. Dank Adaptern lassen sie sich auch an digitalen Kameras verwenden.

Aber was ist das eigentlich für ein Look? Und worin unterschieden sich teure Vintagelinsen von Leica von preiswerten Alternativen?

Ich habe aus alten Zeiten noch eine Menge Objektive, und seit langem träume ich davon, diese mal mit einer digitalen Vollformatkamera zu nutzen, und den Ursachen des Looks nachzuspüren.

Adaption an APS Sensor

Meine ersten Versuche der Adaption an den APS-Sensor einer Fuji waren ernüchternd, da bedingt durch den Crop nur die Bildmitte wiedergegeben wird, und durch den Wegfall des Randes der Charakter verloren geht.

Warum ist das so? Linsenkonstrukteure müssen beim Objektivdesign Entscheidungen fällen zwischen Rand- und Mittenschärfe, Bokeh, Swirl, Vignettierung, Flare und so weiter. All diese Eigenschaften werden über den gesamten Bildkreis ausbalanciert, das Zusammenspiel definiert den Charakter. Wenn man nun nur noch die Bildmitte verwendet, bekommt man zwar den in der Regel am schärfsten abgebildeten Teil des Bildes auf den Sensor, der Look ist aber teilweise futsch.

Ein Beispiel: Die Bildfeldwölbung ist ein optischer Effekt, wodurch sich die Schärfentiefe in der Bildmitte anders verhält als am Rand. Fotografiert man Personen in der Bildmitte bei Offenblende aus kurzer Distanz, so trennt die Schärfentiefe das bildmittige Motiv vom Hintergrund. Zum Bildrand kann nun die Unschärfe des Hintergrundes aufgrund der Bildfeldwölbung zusätzlich abnehmen. Im Ergebnis erzeugen die Bilder einen regelrechten Freistell-Pop. Entfernt man nun den Bildrand, so ist der Effekt perdu.

Adaption an Vollformat

Seit kurzem habe ich nun eine Sony a7 mit 24 Megapixeln, also das erste Modell von Ende 2013. Ich habe per Ebay Kleinanzeigen 300 € für die Kamera mit zwei Objektiven gezahlt, und wenn ich die beiden Objektive verkauft ab (eins davon ist schon weg), sind das nur 100 € für den Body. Da konnte ich nicht nein sagen. An der Sony lassen sich die alten Objektive mit den Adaptern von K+F oder Urth adaptieren. Blende und Entfernung werden manuell eingestellt; im Sucher kann man Fokus-Peaking einstellen, der die Scharfstellung deutlich vereinfacht.

Mit den Adpatern für Exakta, M42, Contax, Leica-M und Leica-R habe ich nun die Qual der Wahl, welche Objektive ich an die Kamera anschließe.

Warum 50er Objektive?

Ich habe mich bei dem ersten Test für 50mm Normalobjektive entschieden, denn

  • von den 50ern habe ich eine große Auswahl
  • 50er sind lichtstärker als Weitwinkel, also ist mehr Bokeh zu erwarten
  • Weitwinkel mit Leica-M Anschluss funktionieren nicht gut an der Sony

Die mangelnde Weitwinkel-Kompatibilität der Leica M Linsen liegt am geringen Auflagemaß (Abstand Objektiv-Sensor). Objektive für Spiegelreflexkameras haben durch den Spiegelkasten einen deutlichen Abstand von der Film/Sensorebene, dadurch kommen die Lichtstrahlen auch von Weitwinkel-Linsen senkrecht auf den Sensor und werden scharf abgebildet. Bei Leica-M treffen sie schräg auf die je nach Kamera dicke Glasschutzschicht des Sensors und verzerren hässlich.

Folgende Objektive werden verglichen:

Objektiv Blende Brennweite
Ernst Ludwig Meritar 2.9 50mm
Meyer Optik Orestegon 2.8 50mm
aus Jena 2.8 50mm
Pentacon auto 1.8 50mm
Carl Zeiss Planar T* 1.4 50mm
Leica Summicron R 2.0 50mm
Leica Summilux M 1.4 50mm
Leica Elmarit versenkbar 2.8 50mm

Vergleichsmotiv

Die Testfotos habe ich bei Sonnenschein in unserem Garten gemacht. Fokussiert ist auf einen Gegenstand (eine Mamiya TLR) in etwa 1,5m Entfernung. Alle Bilder mit der Sony a7 aufgenommen (RAW); nachträglich habe ich lediglich den Weissagbleich justiert.

Interessiert hat mich besonders das Bokeh - wie verhält es sich bei alten lichtschwachen Objektiven, wie bei neuen lichtstarken? Gibt es einen Swirl Effekt (zunehmend elliptische Stauchung der Unschärfekreise zum Rand hin)? Sind die Unschärfekreise gleichmäßig ausgeleuchtet oder haben sie einen Rand?

Ebenfalls neugierig war ich auf die Schärfe, den Kontrast und die Farbwiedergabe. Lassen sich die Objektive hinsichtlich der optischen Eigenschaften identifizieren?

Meritar 2.9 50mm

Das Meritar ist ein älteres Objektiv aus den 50ern; vermutlich ein Dreilinser. Gehören tut es zu einer schönen alten Exakta Varex IIa. Viel hate ich nicht von dem Objektv erwartet, umso mehr war ich überrascht vom Ergebnis. Im Zentrum genügend scharf, und selbst bei Blende 2,9 noch mit Freistellpotential.

Die Unschärfekreise sind eher ungleichmäßig und unruhig, trotz schwacher Lichtstärke gibt es einen Swirl.

Mir gefällt der Look - Swirl und Bokeh sind Eyecatcher.

Meritar 2.9 50mm an analoger Exakata Varex IIa
Meritar 2.9 50mm an analoger Exakata Varex IIa

Meritar 2.9 50mm
Meritar 2.9 50mm

Für weitere Infos: Einzelreview zum Meritar

aus Jena 2.8 50mm

Bei dem Objektiv “aus Jena” handelt es sich um eine Carl Zeiss Jena Konstruktion. Um keine lizenzrechtlichen Streitereien auszulösen, verzichtete man auf die Angabe “Carl Zeiss” - denn das Carl Zeiss Unternehmen machte in der Nachkriegszeit “rüber”, der offizielle Rechtsinhaber saß also in Westdeutschland.

Zurück zum Objektiv: Mit ähnlich mäßiger Offenblende wie das Meritar verhält es sich auch ähnlich: Seifenblasen-Unschärfekreise, die in der Mischung mal unruhig wirken, mal an ein Aquarell erinnern. Insgesamt aber etwas glatter und weicher als das Meritar.

aus Jena 2.8 50mm
aus Jena 2.8 50mm

aus Jena 2.8 50mm
aus Jena 2.8 50mm

Meyer Optik Oreston 1.8 50mm

Das Orestegon ist ein 6-Linser von Meyer-Optik, und ist eine beliebte Linse der Praktica Kameras mit Schraubgewinde M42. Die Unschärfekreise sind sehr ungleichmäßig ausgeleuchtet; das kann ein unruhiges aber auch malerisches Bokeh erzeugen.

Meyer Optik Oreston 1.8 50mm
Meyer Optik Oreston 1.8 50mm

Meyer Optik Oreston 1.8 50mm
Meyer Optik Oreston 1.8 50mm

Pentacon auto 1.8 50mm

Das Pentacon auto 1.8 50mm ist der Nachfolger des Oreston Objektivs. Es besitzt elektrische Kontakte und einen leicht modifizierten optischen Aufbau. Die Unschärfekreise sind ebenfalls unruhig, aber etwas gleichmäßiger als beim Vorgänger Oreston.

Pentacon auto 1.8 50mm
Pentacon auto 1.8 50mm

Pentacon auto 1.8 50mm
Pentacon auto 1.8 50mm

Carl Zeiss Planar T* 1.4 50mm

Das Carl Zeiss Planar ist nun ein Objektiv aus westdeutscher Produktion, gebaut für den Contax Anschluss. Eine analoge Kamera hab ich leider nicht für das schöne Stück.

Die Unschärfekreise haben einen Rand und eine elliptische Stauchung. Bedingt durch die Lichtstärke ergeben sich schöne Verläufe der Unschärfen. Die Zerstreuungskreise haben einen definierten hellen Rand, das kann im Gegensatz vom Leica 1.4 mal malerisch, mal etwas unruhig wirken.

Carl Zeiss Planar T* 1.4 50mm
Carl Zeiss Planar T* 1.4 50mm

Carl Zeiss Planar T* 1.4 50mm
Carl Zeiss Planar T* 1.4 50mm

Leica Summicron R 2.0 50mm

Das Leica R 2.0 50mm ist ein kompaktes Objektiv für die Leica R Spiegelreflexkameras; ich habe es in der 1-Cam Version. Schöne Zerstreuungskreise mit elliptischer Stauchung am Rand bei Offenblende.

Hinweis zu den Cam-Varianten: Bedingt durch die Fortentwicklung des R Bajonetts wurden im Laufe der Zeit die Blendenkoppelungen (Steuernocken) zwischen Kamera und Objektiv geändert.

Leica Summicron R 2.0 50mm
Leica Summicron R 2.0 50mm

Leica Summicron R 2.0 50mm
Leica Summicron R 2.0 50mm

Leica Summilux M 1.4 50mm

Das Leica 1.4 50mm ist ein Klassiker der Leica Objektive; es ist die letzte Baureihe vor der Neukonstruktion mit Asphären. Wie das Zeiss Planar ist es mit Offenblende 1.4 sehr lichtstark. Im Gegensatz zum Zeiss sind die Zerstreuungskreise weicher, die Verläufe harmonischer.

Leica Summilux M 1.4 50mm
Leica Summilux M 1.4 50mm

Leica Summilux M 1.4 50mm
Leica Summilux M 1.4 50mm

Leica Elmarit 2.8 50mm versenkbar

Das 2.8 50mm ist ebenfalls ein Klassiker der Leica Linsen - es ist versenkbar, sodass die Kamera mit Objektiv sehr flach ist. Die Zerstreuungskreise sind sehr gleichmäßig. Bei diesem Motiv ist der Verlauf ausgewogen, aber auch etwas langweilig, finde ich.

Leica Elmarit 2.8 50mm versenkbar
Leica Elmarit 2.8 50mm versenkbar

Leica Elmarit 2.8 50mm versenkbar
Leica Elmarit 2.8 50mm versenkbar

Zusammenfassung / Ergebnis

Wenn ich einen Vintage Look bei meinen Fotos haben will, dann möchte ich keine super scharfen Linsen mit perfektem Blur im Hintergrund, ich möchte den Charakter des Objektivs sehen. Ich finde, dass gerade die “schlecht korrigierten” Linsen mit unruhigen Zerstreuungskreisen schöne Effekte erzeugen. Ein preiswertes altes Meritar erzeugt da trotz schwacher Lichtstärke interessantere Effekte als die top korrigierten Linsen wie das Leica Summilux 1.4 50mm oder das Zeiss Planar T* 1.4 50mm.

Doch die Bokeh-Charakteristik muss zum Motiv passen. Lohnenswert sind Blätter im Hintergrund. Hier muss man mit dem Abstand experimentieren, es gibt für die Größe der Zerstreuungskreise und die Größe der Blätter den Sweet Spot finden, wo das Bokeh die Form der unscharf abgebildeten Objekte skizziert. Linien sehen oft unruhig und hässlich aus - auch mit modernen Optiken. Auch die Art des Tageslichts spielt eime Rolle.

Das folgende Foto habe ich bei grauem Wetter in Havelberg mit dem Meyer-Optik Oreston aufgenommen. Ich bin überrascht, wie scheusslich es geworden ist. Die Abbildung ist insgesamt sehr flach; das Bokeh im Vordergrund matschig. Eine räumliche Staffelung der Bildebenen ist nicht erkennbar.

Matschiges Bokeh, gruseliges Foto: Meyer-Optik Oreston
Matschiges Bokeh, gruseliges Foto: Meyer-Optik Oreston

Das folgende Foto wurde mit dem Pentacon auto 1.8 50mm aufgenommen. Die Unschärfeverläufe der kleinen Birkenblätter im Hintergrund und der leichte Swirl Effekt geben eine schöne Stimmung.

Schönes Bokeh: Pentacon auto 1.8 50mm
Schönes Bokeh: Pentacon auto 1.8 50mm

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