Das Ernst Ludwig Meritar - ein Cooke Triplet mit Charakter

Als ich eine Reihe von 50mm Objektiven verglich, fiel das E. Ludwig Meritar etwas aus der Reihe: Trotz der schwachen Offenblende von 2,9 hatte es einen eigenen, um nicht zu sagen eigenartigen oder eigenwilligen Bildlook. Also hab ich es nun mal mit raus genommen und geschaut, wie es sich im Alltag verhält.

Spezifikationen Ernst Ludwig Meritar

Die “Optischen Werke E. Ludwig in Weixdorf bei Dresden” war ein seit 1924 ansässiger Objektivhersteller aus dem Dresdener Raum in Sachsen, die Gegend also, die in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts der
Schmelztiegel des Kamerabaus war.

E. Ludwig liefert eher einfache Objektive an die Kamerahersteller; das Meritar ist das bekannteste Objektiv von Ludwig.

E. Ludwig lieferte das Meritar auch an Mittelformatkameras, und hatte auch ausgereiftere Objektive als das simple Meritar entwickelt, diese kamen jedoch nicht in Produktion - denn um die Finanzmittel für die Investition beschaffen zu können, hätte es im Gegenzug staatliche Kontrolle im Unternehmen gegeben (Siehe https://zeissikonveb.de/start/objektive/sonstige_objektive/).

Letztlich war das aber nur ein Aufschub, denn Ludwig ging es wie vielen anderen Herstellern - Ludwig wurde 1972 verstaatlicht und dann in den VEB Pentacon eingegliedert.

Vorwahlblende

Das Konzept der Vorwahlblende ist recht simpel. Normalerweise haben Objektive mit dem Exa-Bajonett eine Druckblende, einen kleinen Knopf seitlich am Objektiv, der die Blende schließt und gleichzeitig mechanisch den Auslöser betätigt.

Anstelle dieser aufwändigen Druckblende hat das Meritar unter dem Blendenring einen zweiten Ring, mit dem man den Anschlag der Arbeitsblende einstellt. So kann man - die Kamera am Auge - bei Offenblende fokussieren und mit einem Dreh am Blendenring auf die eingestellte Arbeitsblende umstellen und auslösen. Simpel, aber tatsächlich ziemlich praktisch in der Bedienung.

Praxis

Ich bin bei strahlendem Sonnenschein unterwegs gewesen, dabei habe ich folgendes festgestellt:

  • gute Kontraste
  • streifige Reflexe bei Lichteinfall
  • hübscher Vintage-Swirl (Unscharfer Hintergrund kreist um das Bildzentrum)
  • offenblendig unscharf
  • abgeblendet brauchbar - aber wozu? Andere Objektive (Vierlinsige Tessare, zum Beispiel) liefern bessere Ergebnisse, wenn es um Schärfe geht.

Das Bokeh ist zwar nur schwach (Blende 2,9); dadurch, dass das Objektiv aber simpel ist, gibt es eine Menge Vintage-Flair.

Streifige Lichtreflexe bei Gegenlicht
Streifige Lichtreflexe bei Gegenlicht

Hübscher Swirl
Hübscher Swirl

Abgeblendet brauchbar, aber wozu?
Abgeblendet brauchbar, aber wozu?

Malerisches Bokeh im Nahbereich

Gewünscht Hatte ich mir eine kürzere Naheinstellgrenze; für Nahaufnahmen hab ich mir dann Zwischenringe zwischen Objektiv und Kamera gepackt.

Und - siehe da - plötzlich kommt dann ein wahrlich malerischer Bildlook aus dem Objektiv!

Verträumte Stimmung
Verträumte Stimmung

Gerade die kompromissbehafteten einfachen Vintage Objektive zeigen in manchen Situationen ihren eigenwillen Charakter - und trumpfen dann mit einem Look auf, der sich mit den aktuellen Top-Linsen einfach nicht erreichen lässt. Im Grunde ist dieser Vintage-Look nichts anderes als eine glückliche Zusammenkunft von Objektivfehlern, die beim richtigen Motiv und Licht verzaubern.

Sie sind halt keine Allrounder - im Gegensatz zu guten heutigen Objektiven, die bei jedem Wetter ausgewogene Schärfe und Bokeh liefern, denen dafür aber manchmal das gewisse Etwas fehlt.

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