Eine Wanderung zum Ziegenhof Uckermark durch die Kleine Schorfheide: Von Tangersdorf zum Capriolenhof an der Schleuse Regow

Am letzten Tag unseres Kurzurlaubs in der Uckermark in der Alten Gärtnerei Annenwalde wollen wir abends zur Ziegenhof Capriolenhof; diese liegt quasi “ums Eck” von Annenwalde und ist nur etwa 10 Kilometer von der Alten Gärtnerei entfernt. Telefonisch reserviere ich einen Platz (“Es gibt Menu. Es geht pünktlich um 18 Uhr los. Dann müsst ihr da sein!”). Oki-Doki. Das bekommen wir hin. Ein Katzensprung.

1,5 Stunden Autofahrt für 10 Kilometer?

Da das WLan in der Alten Gärtnerei hakt, bekomme ich nur fetzenweise Internet. In den glücklichen Momenten der Datenverfügbarkeit teilt mir Google Maps mit, dass ich mit dem Auto gute 1,5 Stunden brauche.

Wie bitte?!

Die Autoroute führt in einem großen Kreis um die kleine Schorfheide herum, über Lychen, Himmelpfort und Bredereiche. Da wir überhaupt keine Lust auf so eine lange Autofahrt haben, planen wir eine Wanderung von Tangersdorf (nur 5 km mit dem Auto entfernt) quer durch die Schorfheide zum Ziegenhof; das sind etwa 5 Kilometer und sollte mit Pause, und gemütlichem Spaziergang nicht mehr als 1,5 Stunden dauern. Die Route lade ich mir aus Komoot und setze es auf “offline verfügbar”.

»»Tourverlauf (GPX) auf Komoot anschauen

Wir brechen zeitig kurz nach 16:00 Uhr auf, parken das Auto am Dorfrand von Tangersdorf und laufen los. Da die Kleine Schorfheide früher ein großer Militärstützpunkt der Sowjets war (um 1960 waren hier auch Atomsprengköpfe gelagert) und das Gebiet nicht von Munition geräumt wurde, empfehlen die Hinweisschilder brav auf den Wegen zu bleiben.

Wir kennen das schon von der Döberitzer Heide, die eine ähnliche Vergangenheit hat. Der Natur tut es gut in Ruhe gelassen zu werden, aber uns drückt das schlechte Karma der militaristischen Nutzung aufs Gemüt.

Hinweisschilder Gefährdungsgebiet - Kleine Schorfheide
Hinweisschilder Gefährdungsgebiet - Kleine Schorfheide

Rostiger Richtungspfeil - Kleine Schorfheide
Rostiger Richtungspfeil - Kleine Schorfheide

Der stillste Ort in Brandenburg

Nach 30 Minuten gelangen wir aus dem Wald (Kiefern, Eichen, Blaubeersträucher) heraus und treten ein in eine Heidefläche. Keine Menschen, kaum Tiere, weiter Blick. Fast zwanghaft bleiben wir stehen und halten die Luft an. Kein Geräusch, außer dem Plusschlag des Blutes in den Ohren. Wenn es einen Wettbewerb der leisesten Orte Brandenburgs gibt, diese Gegend hat einen Platz auf dem Siegertreppchen verdient.

Die Stille beeindruckt uns, aber macht uns auch etwas unsicher. Wer hier Hilfe benötigt, muss sich selber helfen. Kein Mobilfunknetz reicht hier her.

Wanderweg durch die Kleine Schorfheide
Wanderweg durch die Kleine Schorfheide

Nichts als Weite, und kein Geräusch - Kleine Schorfheide
Nichts als Weite, und kein Geräusch - Kleine Schorfheide

Der Ziegenhof

Wir erreichen um 17:30 Uhr den Ziegenhof und werden freundlich begrüßt. Das Areal sieht aus wie ein großes Aussteigerprojekt.

Wir sitzen vor dem Nieselregen geschützt unter einem Vordach am Hofladen und Haupthaus, dem ehemaligen Betriebshaus der Schleuse Regow, die sich direkt vor uns befindet. Nacheinander trudeln Gäste ein und werden begrüßt. Neben uns heizt Hanspeter - neben Sabine einer der beiden Gründer dieses Hofs - den Grill an.

Ziegenfarm Capriolenhof an der Schleuse Regow
Ziegenfarm Capriolenhof an der Schleuse Regow

Eine Menge Ziegen - Capriolenhof
Eine Menge Ziegen - Capriolenhof

Ausgang zum Havelkanal - Capriolenhof
Ausgang zum Havelkanal - Capriolenhof

Kurz nach 18:00 kommt der erste Gang des Menus: gegrillte Ziegenhaxen und Rippchen. Wir nagen das zarte Fleisch von den Knochen und unterhalten uns mit unseren Sitznachbarn, einem Paar aus Aachen. Die beiden stecken an der Schleuse Bredereiche fest, die auf Grund technischer Mängel der Betrieb eingestellt hat. Der Kanal hier ist ein wichtiger Verbindungsweg, es gibt keinen Umweg. Die beiden Aachener hab sich ein Floß gemietet und ihren Wohnwagen drauf gesetzt. Blöderweise bekommen sie den Wohnwagen nur an ganz besonderen Entladestationen wieder herunter; jetzt sitzen sie auf unbestimmte Zeit fest.

Wartende Schiffe vor der Schleuse Regow an der Ziegenfarm
Wartende Schiffe vor der Schleuse Regow an der Ziegenfarm

Der Zweite Gang kommt, es gibt - gegrilltes Ziegenfleisch. Diesmal Fleisch aus der Keule, mit Spießen in eine grillbare Form gebracht. Lecker! Dazu grüne Bohnen.

Mein Bedarf an Gegrilltem ist damit erstmal gedeckt, zumal mein Magen nach einem scheusslichem Fischbrötchen vom Lychener Markt nach Schonung ruft. Ich freue mich auf Eis (aus Ziegenmilch, was sonst!).

Als Nachtisch Bratwurst

Ich werde nicht erhört. Hanspeter hat den Abend voll uns ganz den gegrillten Genüssen gewidmet, und serviert als Abschluss eine Ziegenmerguez mit scharfen Beeren, gewürzt mit Chillis aus dem eigenen Garten. Interessante Kombination, und schmeckt tatsächlich gut, aber Eiskrem wär mir jetzt wirklich lieber. Wir bestellen uns noch schnell zwei Kugeln und kaufen Ziegenkäse für Berlin, dann machen wir uns auf den Rückweg.

Den Versuch, ohne Komoot den Weg zurück zu finden, breche ich ab als wir in die falsche Richtung stiefeln. Wir wandern in die Abenddämmerung hinein und sind glücklich über den tollen Ausflug. Und freuen uns auf unsere Unterkunft. Und auf Zahnseide.

Weitere Beiträge zum Thema