Ein legendäres Objektiv: Das Zeiss Planar 50mm 1.4 T* – gebaut für die Contax RTS

Die 1970er Jahre markieren in Westdeutschland den Niedergang des klassischen Kamerabaus: Die japanische Konkurrenz setzte zunehmend auf elektronische Belichtungssteuerung und moderne Fertigungsprozesse, während deutsche Hersteller weiterhin auf aufwendige, teure Mechanik setzten. Leica arbeitete mit Minolta zusammen, Zeiss mit Yashica. Aus der Zusammenarbeit von Zeiss und Yashica entstand die CONTAX RTS – gestaltet von Porsche Design.

Das Carl Zeiss Planar 50 mm f/1.4 T* gehörte zu den Premiumobjektiven, die Zeiss zeitgleich mit der ersten RTS-Generation Anfang der 1970er Jahre herausbrachte – mit dem C/Y-Bajonett (Contax/Yashica). Die Brennweite von 50 mm war damals die Standardoptik, die Kameras meist beilag. Eine Lichtstärke von 1:1.4 galt als ausgesprochen hoch – übertroffen nur von wenigen f/1.2-Objektiven und dem legendären Leica Noctilux (Messsucher, daher konstruktiv im Vorteil).

Linsenschema und Vergütung

Mit zunehmender Lichtstärke treten optische Fehler wie sphärische Aberration, Koma und Farbsäume stärker hervor. Konstrukteure begegnen diesen Fehlern durch mehr Linsen oder Gruppen – das erhöht jedoch die Anzahl reflektierender Flächen und kann den Kontrast mindern. Hochwertige Vergütungen wie die T*-Mehrschichtvergütung von Zeiss minimieren diese Reflexionen und tragen entscheidend zur Brillanz des Planar bei.

Das Planar 1.4/50 besitzt 7 Linsen in 6 Gruppen – ein klassisches, leicht modifiziertes Planar-Design. Das ursprüngliche Planar-Prinzip stammt aus dem Jahr 1897 aus dem Hause Zeiss. Es basiert auf einem symmetrischen Aufbau mit guter Korrektur von Bildfehlern wie Astigmatismus und sphärischer Aberration. Auch die Bildfeldwölbung ist gut korrigiert – daher der Name Planar („plan“ = eben).

An der Sony A7

Ich habe das Objektiv von meinem Schwager geschenkt bekommen. Seine analoge Kamera war bereits entsorgt, aber ich nutze die Optik nun an meiner Sony A7 per Adapter. Eine elektronische Übertragung von Blenden- oder Fokusdaten gibt es nicht – man arbeitet voll manuell bei Arbeitsblende. Dank EVF und Fokus-Peaking ist das jedoch komfortabel, und ich möchte den Charakter des Objektivs ohnehin bei Offenblende erleben.

Durch das große Auflagemaß der CONTAX/Yashica-Objektive wirkt die Kombination mit Adapter etwas frontlastig – rein optisch keine Traum-Ehe, funktional aber tadellos.

Verarbeitung

Hier glänzt das Zeiss: Der Fokusring läuft lang und seidenweich – ideal für präzises Scharfstellen. Der Blendenring rastet satt in ganzen Stufen ein. Zwischenstufen fehlen, dafür überzeugt das Objektiv durch kompromisslose Fertigungsqualität: massives Metall, präzise Mechanik, zeitlose Haptik.

Optische Leistung

Bei f/1.4 zeichnet das Objektiv weich mit reduziertem Kontrast, sichtbar sphärischen Aberrationen und leichten Farbsäumen. Diese zeigen sich etwa als violette und grüne Farbränder in kontrastreichen Bereichen.

Chromatische Aberrationen bei Offenblende
Chromatische Aberrationen bei Offenblende

Ab f/2 steigt der Kontrast spürbar, und ab f/4 liefert das Planar hohe Schärfe bis in die Ecken.

Abgeblendet ausgewogen und scharf
Abgeblendet ausgewogen und scharf

Bei direktem Lichteinfall zeigt sich das Planar überraschend widerstandsfähig: Flares und Streulicht-Artefakte sind zwar sichtbar, bleiben aber gut kontrollierbar.

Flares im Gegenlicht
Flares im Gegenlicht

Offenblendig zeigt das Objektiv eine leichte Vignettierung, die aber zum Charakter beiträgt und den sanften 3D-Pop-Effekt unterstützt. Dieser räumliche Eindruck entsteht nicht durch Bildfeldwölbung, sondern durch das Zusammenspiel von hohem Mikrokontrast, leicht unterkorrigierter sphärischer Aberration und einem harmonischen Schärfeverlauf. Der Übergang von Schärfe zu Unschärfe erfolgt beim Planar besonders weich, was Motive plastisch vom Hintergrund trennt – ein Markenzeichen vieler Zeiss-Objektive.

Sanfter 3D-Pop und natürliche Vignette
Sanfter 3D-Pop und natürliche Vignette

Bokeh

Das Bokeh wirkt offenblendig eher lebhaft als cremig – je nach Motiv mit leicht unruhigen Konturen. Für viele Motive ist das gerade der Reiz: organisch, emotional, analog.

Vintage-Touch
Vintage-Touch

Ausgewogene Farben, auch bei trübem Wetter
Ausgewogene Farben, auch bei trübem Wetter

Zarte Unschärfe bei Offenblende
Zarte Unschärfe bei Offenblende

Blende

Ein Kritikpunkt ist die Blendenkonstruktion mit sechs geraden Lamellen. Beim Abblenden entstehen dadurch klar erkennbare hexagonale Lichtscheiben.

Ein bekanntes Serienmerkmal der frühen AE-Versionen des Planar: Bei bestimmten Zwischenblenden (meist zwischen f/2 und f/4) ziehen sich die Lamellen leicht ungleichmäßig ein. Dadurch entsteht eine sternartige Öffnung, die in der Community als „Ninja-Star“ oder „Ninja-Blade“ bezeichnet wird – Spitzlichter wirken dann wie kleine Wurfsterne. Das war keine bewusste Designentscheidung, sondern ein konstruktiver Nebeneffekt der Lamellengeometrie. In der späteren MM-Serie wurde die Blendenmechanik überarbeitet, um diesen Effekt zu vermeiden. Die MM-Variante unterstützt zusätzlich die Mehrfeld- und Programmautomatik der späteren Contax-Gehäuse und erkennt man an der grün beschrifteten kleinsten Blendenzahl. Auch das Bokeh erscheint bei ihr meist runder und gleichmäßiger.

6 Blendenlamellen (AE-Version)
6 Blendenlamellen (AE-Version)

Ninja-Blades zwischen f/2 und f/4
Ninja-Blades zwischen f/2 und f/4

Zacken-Bokeh durch ungleichmäßig schließende Lamellen
Zacken-Bokeh durch ungleichmäßig schließende Lamellen

Fazit

Das Zeiss Planar 1.4/50 T* ist kein Laborchampion bei Offenblende – aber ein Objektiv mit Seele. Hervorragende Verarbeitung, eigenständige Bildcharakteristik und ein Hauch analoger Imperfektion machen seine Bilder lebendig. Wer Vintage-Look liebt und sich auf manuelle Fotografie einlässt, bekommt ein Glas, das Freude macht.

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