Flugreisen im Sommer kenne ich so: Man steigt bei 19 Grad Regenwetter in Berlin ins Flugzeug, und steigt bei 35 Grad aus. Diesmal war es andersrum. Mitten in der langen Hitze- und Dürreperiode 2018 steigen wir bei 35 Grad ins Flugzeug, und steigen bei 19 Grad in Dublin aus. Und freuen uns, endlich mal der Hitze entfliehen zu können.

10 Tage Irland: Rundreise oder was?

Irland - Einsamkeit, wilde Küsten, Ruhe, Natur. Ein mir unbekanntes Land. Irgendwie will ich dem Trieb nicht folgen, alles sehen zu müssen. Denn der Preis dafür wäre, jeden Tag stundenlang im Auto zu sitzen. Also wähle ich mehr oder weniger spontan drei Stationen á drei Tage aus. Den Ring of Kerry - die Rundfahrt um Irlands Süden - lasse ich dabei aus.

Die Stationen selber wähle ich nach Nationalparks aus: Wicklow, Connemara und Burren - das sind schon mal drei der insgesamt 6 Nationalparks.

Erste Station: Wicklow Mountains

Wicklow liegt anderthalb Stunden von Dublin entfernt. Das macht die Anreise am ersten Tag einfacher; schließlich muss ich mich auf Linksverkehr einstellen.

Oh ja - weise Entscheidung! Normalerweise fahre ich Automatik - jetzt gibts Schaltung. Natürlich auch auf der falschen Seite. Die Umstellung auf Schalten, auf Schalten mit der linken Hand alleine ist schon genug. Aber der Linksverkehr! Rechts überholen, Kreisverkehr andersrum, der Gegenverkehr in den engen Straßen donnert ungewohnt rechts an einem vorbei. Daran werde ich mich nie gewöhnen! (Gelogen, hat dann doch geklappt. Aber man fährt wie ein Fahranfänger, erlebt mehrfach das gequälte Rucken eines absaufenden Autos und stellt fest, das man mit etwas Übung auch im dritten Gang anfahren kann)

Die Autobahn rund um Dublin ist übrigens Maut(‘Toll’) pflichtig. Die Autos werden elektronisch gescannt; man muss selber zahlen (kann man online machen). Wer es vergisst wie ich, bekommt dann später eine Rechnung mit saftigem Aufschlag.

Zurück zu Wicklow. Unsere Unterkunft ist die “Mountain View Lodge”, in eben einer solchen engen Straße des bergigen Geländes gelegen. Herzlicher Empfang beim Vermieter. Ein etwas kleines Zimmer, dafür großes Bad. Ruhe. und ein schöner Ausblick auf die Berge vom geschmackvollen Gemeinschaftsraum.

Zu Fuß kommt man in 25 Minuten nach Laragh; dort essen wir in einem Pub.

Irish Breakfast, Continental oder Pancakes?

Die Maßstäbe fürs Frühstück werden hier hoch gesetzt. Frisch zubereitet kann man zwischen irischem Frühstück (gebratene Würstchen, Black und White Pudding, Spiegelei sowie geschmorten Tomaten und Pilzen), Pancakes oder Continental wählen, das Frühstück wird dann individuell zubereitet. In dieser Art wurden wir in allen B&Bs versorgt.

Glendalough

In unmittelbarer Nähe (und zu Fuß über den Wicklow Way erreichbar) liegt Glendalough; Ein Tal an zwei Seen mit einer alten Klostenanlage. Hiervon ausgehend starten mehrere Wanderwege (farblich kodiert). Wir entscheiden uns für die 9km lange blaue Wanderung und landen nach der Hälfte des Weges auf einem Bergkamm mit einer spektakulären Sicht auf die Seenlandschaft. Beeindruckend!

Eine frühe Anreise empfiehlt sich, wenn man nicht im Gänsemarsch mit den anderen Touristen wandern will.

Zweite Station: Connemara

Von Wicklow geht es quer über das Land gen Westen. wir nehmen eine Regenwolke mit; die Fahrt dauert der Witterung entsprechend knapp 5 Stunden. Fünf Stunden Linksverkehr, das schlaucht.

Unsere zweite Unterkunft ist die “Ocean View Lodge”. Meerblick gibt es, auber auf Tuchfühlung mit den Gezeiten ist man nicht. Der Strand liegt ein paar Minuten fußläufig das Sträßchen bergab; dort muss man aber noch eine kleine Steilküste auf einem schmalen Streifen direkt an der Abbruchkante entlang turnen. (Eine Bucht weiter gits auch einen Sandstrand).

Wild Atlantic Way

Eine kraftvolle Atlantikbrandung erleben hier nicht. Die Küste schlängelt sich kurvenreich; man diese auf dem 2.500 km langen “wild atlantic way” auch abfahren. Die Vielzahl der Buchten hier mögen dafür sorgen, dass die Kraft der Atlantikwellen hier gebrochen wird.

Connemara Park

Der Connemara Park bietet einem das “ursprüngliche” Irland an. Endlose Weiten der hügeligen Landschaft, Heidegebiete gehen in Berge über. Auf einen solchen Berg - den Diamond Hill - steigen wir. Oben bläst ein kräftiger Wind, Regen peitscht ins Gesicht. Aussicht gibts nicht, dafür stimmungsvolle Nebelbilder. Der Rundweg mitsamt Aufstieg dauert ca. 3 Stunden; es geht etwa 400 Höhenmeter hinauf. Genug, um ins Schwitzen zu kommen.

Irische Landärzte und textende Nonnen

Tja, der verschwitzte und im Sturm dann gekühlte Rücken lassen am Abend meinen Spezialwirbel im Rücken erwachen. Nix geht mehr, jede Bewegung ein Feuerwerk der Schmerzen. Na super. Dem Rat der Vermieterin folgend fahre ich nach Tully, dort gibts eine Arztpraxis, die wohl schon vor zwei Wochen einem B&B Gast mit ähnlichen Problemen das Urlaubsglück zurück brachte. Eine Stunde im Wartezimmer, dann jagt mir eine nette Ärztin eine dicke Spritze mit Painkiller und Pipapo in den Allerwertesten. Und wirklich, es wurde besser. Langsam, aber es wurde besser. Ich weiß nicht ob das irische und englische Gesundheitssystem vergleichbar sind, aber mein Hausarzt in Berlin kommt aus England und schwört auf die Landärzte dort, die - anders als die Hausärzte in Deustchland - ein sehr viel breites Spektrum haben. Wie auch immer. Es half, und der kichernden Nonne im Wartezimmer zuzusehen, die sich die Wartezeit mit Facebook Powertexting vertrieb, war auch amüsant.

Omey Island

Ein paar Hundert Meter vor der Küste liegt die kleine Insel Omey Island. Bei Ebbe ist diese zu Fuß erreichbar, und mutige oder kundige Besucher fahren mit dem Auto aufs Watt. Ich trau mich das nicht - keine Lust, das Auto auf eine neue Art absaufen zu lassen. So richtig gute Laune kam aber nicht auf, da wir mit den Schuhen im Schlick steckenbleiben und uns fortan mit schmatzenden Füßen fortbewegen.

Unser heimlicher Lieblingsort in Connemara: Rinvyle Castle

Zufällig sind wir an eine Stelle gekommen, die uns sehr gefallen hat - der Küstenabschnitt am Rinvyle Castle. Rechts von uns grasende Pferde, vor uns kleine Inseln. Herrlich! Das dort unmittelbar gelegene B&B wäre die perfekte Unterkunft gewesen, war aber ausgebucht. Von der Lage nicht zu toppen.

Clifdon

Warum wir nach Clifdon gefahren sind? Mmmh. Dort angekommen merken wir: eigentlich brauchen wir keine Dörfer oder Städte, auch wenn sie charmant wie Clifdon sind. Fish und Chips verdrücken wir, dann gehts zurück in die Einsamkeit unseres B&B.

Dritte Station: Burren

Auf zur nächsten Station, es geht in den Burren, “eine Karstlandschaft im Nordwesten des County Clare in Irland” (Wikipedia). Knapp drei Stunden brauchen wir - im Regen - für die 100 km Luftlinie. Unsere Unterkunft “Dale View B&B” entpuppt sich als eines von einem halben Dutzen Neubauhäusern, etwa 5 km vom Küstenort Doolin entfernt. Was man auf Google Maps nicht sieht: Doolin ist hoffnungslos überfordert mit den Touristenströmen. Die Unterkunft etwas abseits ist gut gewählt und entpuppt sich als großzügiges Zimmer mit Top Ausstattung und herzlichen Vermietern, die zwei kugelrunde Hunde (“Norwegian Elkhound mixed with Labrador”) ihr eigen nennen. Aaaah - und schnelles Internet haben sie auch! Und das beste Frühstück bekommen wir hier auch serviert.

Wir haben “den Burren” vergeblich gesucht, aber die karstige Landschaften gibts hier überall, in unterschiedlichen Ausprägungen: Steinernde Ebenen, knietief durchfurcht. Unser Lieblingsplatz: Die Küste auf dem Weg von Doolin nach Fanore, Auf halben Weg parken und Richtung Küste gehen bzw. klettern. Die Küste fällt steil bergab; nicht so steil wie die Cliffs of Moher, aber genügend um bei Unachtsamkeit den Tunnel zum Licht zu finden.

Cliffs of Moher

Ich dachte, die Cliffs - das brauchen wir nicht; zu groß waren die Versprechungen der Reiseführer und zu groß die Befürchtungen des Rummels.

Einige Besucher gibt es zwar schon, aber eine atemberaubende Sicht. Südwärts fegt auf dem Küstenweg ein Orkan, der uns und andere zu Boden wirft; hier ist unser Ausflug zu Ende. Nordwärts geht es besser, zu dem ist hier neben dem direkt an der 200 Meter abstürzenden Wand laufendem Pfad zusätzlich ein gesicherter Weg angelegt.

Aran Inseln, Inisheer

Von Doolin aus erreicht man nach kurzer Überfahrt die Aran Inseln, die nächstgelegende, kleinste Insel Inisheer war unser Ziel. Der Reeder Bill O’Brian schafft die Distanz in 15-20 Minuten; die anderen benötigen 45 Minuten. Sobald das Boot außerhab der Hafenbucht war, spürte man dann auch mal die Kraft des Atlantik. Wer auf dem Oberdeck verbleibt, bekommt eine Dusche. Im Unterdeck werden die Tüten knapp.

Inisheer (und vermutlich auch die anderen Aran Inseln) ist baumlos; das teils gesteinige, teils mit Gräsern bewachsende Land ist komplett mit den auch sonst häufig zu sehenden Steinmäucherchen parzelliert; das gibt etwas Windschutz und hält das Vieh am Platz. Wir hätten uns Räder leihen sollen; zu Fuß ist der Weg an der Küste reizvoll, aber quer über die Inel läuft man nur zwischen den Mäucherchen. Das ermüdet. Das auf Inisheer gestrandete Bootswrack haben wir nicht besichtigt, dafür die Ausssicht von O’Brians Castle.

Von den Inseln kommen die Aran Pullover bzw. die Aran Wolle, die wir in quasi jedem Örtchen in Irland hätten kaufen können. Ich frag mich, wo die ganzen Schafe sind - gesehen hab ich zumindest auf Inisheer keins.

Doolin Cave

Je länger wir im Burren weilten, umso mehr verstanden wir warum Doolin so überlaufen ist, schließlich häufen sich hier die Sehenswürdigkeiten. Die letzte, die wir uns vornahmen, war die Doolin Cave. Kurze 5 Autominuten entfernt liegt sie, wurde in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts von zwei schottischen Studenten entdeckt und beherbergt einen Stalagtiten (Tropfstein); das besondere an diesem ist die schiere Größe: mit 7 Metern Länge und 10 Tonnen Gewicht ist es der größte in Europa. Die Besichtigung hat Spaß gemacht; es geht mit Bauhelmen 70 Meter un die Erde; die Führung war unterhaltsam.

Letzter Abend: Dublin

Als letzte Nacht hatte ich Dublin augesucht, damit man am Abreisetag es entspannter haben kann und nicht gestresst durchs Land fahren muss. Wir hatten uns nobel im Claytons Ballsbridge Hotel eingemietet. Der Preis war hoch, aber Service und Essen kam einfach nicht an die B&Bs ran. Schade! Ein letzte Spaziergang durch Irland führt durch den Ausgehbezirk Temple Bar; Ein Pub neben dem anderen, in jedem Live Musik, die Leute tanzen und feiern. Das ist Lebenslust pur!

Am nächsten Tag noch einmal Linksverkehr, dann ab in den Flieger und zurück in die Hitze Berlins.

Weitere Beiträge zum Thema