4 Wochen alleine durch Italien im April 1994

Vorwort - 26.2.2022

Dieser Reisebericht entstand im April 1994 während meiner Rundreise durch Italien. Ich habe beim Sichten alter Negative die Bilder dieser Reise als auch mein Tagebuch wiedergefunden, und da mich sowohl die Bilder als auch die Notizen anrühren, packe ich sie auf meine Website. Als eine Art frühen Blog Beitrag.

Diese Notizen meiner Reise sind eine Mischung aus Erfahrungen und Begegnungen, und der unumgänglichen Selbstreflexion, der man sich als Alleinreisender aussetzen muss, wenn nicht gar möchte.

Zu Beginn der 90er gab es noch nicht das World Wide Web in der heute bekannten Form mit Websiten und Kartenanwendungen, und Mobiltelefone hatten nur diejenigen, die wichtig waren oder sich so fühlen wollten. Bei meiner Reise suchte ich die Stationen und Unterkünfte kurzfristig aus, zunächst kräftezehrend zu Fuß vor Ort mit Gepäck; später - des Italienischem zunehmend mächtig - telefonisch.

In meinem Rucksack war neben Wäsche eine Pentax Spiegelreflex, ein Buch (Manes Sperber - wie eine Träne im Ozean), zwei Reiseführer (Italien und Sizilien, Michael Müller Verlag), ein Merian (Süditalien). Ladekabel waren nicht dabei, die brauchte man nicht. Übernachten wollte ich in einfachen Pensionen, für Notfälle hatte ich noch einen Schlafsack.

Den Reisebericht zu schreiben entschied ich erst nach ein paar Tagen in Lecce, da hatte ich schon die Stationen Verona, Rom und Vieste hinter mir.

Verona

Der erste Stop nach München, wo ich kurz Station bei Uta gemacht habe. Es ist kalt, ich laufe durch die Stadt mit meinem Gepäck und suche eine preiswerte Unterkunft. Alles hat zu, ich lande direkt am Bahnhof im Hotel. und buche für zwei Tage, damit ich Zeit für die Besichtigungen habe. Und damit ich warm werden kann mit Italien.

Das war ein Fehler; die Stadt interessiert mich nicht. Zum Warmwerden sind die Temperaturen zu eisig. Außer dem Zentrum mit dem Theater, der Via Mazzini und der Piazza del Erbe nichts zu sehen. Ich vertrödel die Zeit im Hotel, hab Heimweh, plane die Weiterfahrt. Den Rom-Stadtplan in Berlin zu besorgen war sehr vernünftig, so kann ich die Lage der im Reiseführer beschriebenen Hotels in Ruhe suchen.

Rom

Alles ist voller Menschen. Ich gehe vom Bahnhof rechts und gleich in die erste Pension, Albergo Bruna in der Via Marghera. Teure 80.000 Lire für das Zimmer, aber mit TV, Telephon,. Teuer, aber ich sage zu und buche für zwei Tage. Das Zimmer ist sehr sauber. Das sogenannte italienische Frühstück auf einer Art überdachter Terrasse im 6.ten Stock mit einem freundlichen, wenngleich nicht überwältigendem Blick über den eher uninteressanten Teil Roms.

Ich laufe durch die Stadt und durch das Treiben der Menschen, mein Ziel ist der Petersdom. Einfach unglaublich, dieses riesige Kirchenschiff. Ich will auf den Turm; auf der ersten Empore fällt mein Blick hinunter in die Tiefe. Als wäre ich auf einem Berg. Weiter hinauf geht es dann zwischen den Wänden der halbrunden Kuppel. Der enge Gang hinauf folgt der nach oben zunehmenden Neigung, man läuft schief und schiefer und muss sich abstützen. Oben dann Wind im Gesicht und den Blick in die Weite Roms.

Fonta de Trevi, Rom, Italien 1994
Fonta de Trevi, Rom, Italien 1994

Schiefe Gänge in der Kuppel vom Petersdom, Rom, Italien 1994
Schiefe Gänge in der Kuppel vom Petersdom, Rom, Italien 1994

Vieste

Das Albergo ein absoluter Tip, das Wetter ein totaler Flop. Tolle Stadt. Das Wetter schlägt mir aufs Gemüt. Graue Melancholie am Strand. Ich bleibe 3 Tage, 1 1/2 zuviel.

Vieste - Lecce

Der Tag beginnt in Vieste heiter und sonnig. Ich stehe um 8:00 Uhr auf, ein kleiner Spaziergang, Kaffee und Zigaretten – die Biglietteria für das Busticket hat noch zu. Packen, Duschen, Frühstücken und raus aus dem Hotel.

Zurück an der Biglietteria, 50.000 Lire können sie nicht wechseln, also mit dem ganzen Gepäck zur Bank, und wieder zurück, zum Bus und dann geht es endlich los.

Sanfte Fahrt durch den sonnendurchstrahlten Gargano.

Mit der Regionalbahn von Foggia nach Bari, dort in den ICE nach Lecce. Das Wetter wird regnerisch. Ankunft in Lecce bei strahlendem Sonnenschein. Anderthalb Kilometer in die Stadt gelaufen auf der Suche nach einer Unterkunft. Meine Frage nach dem Weg zum Hotel wird zwar freundlich aber leider auch unbefriedigend beantwortet. Die eine Unterkunft existiere nicht mehr erfahre ich. Dann zur Adresse der zweiten Unterkunft. Tür ist zu, kein Klingelschild. Wieder weiter, die Orientierung verlierend komplett im Kreis gelaufen, treffe ich erneut die Leuten, die ich bereits gefragt hatte; der eine meinte nun ich solle warten, das Albergo mache bestimmt irgendwann auf. Ich bin müde vom Laufen, will in ein Zimmer, will nicht länger warten.

Der Reiseführer erwähnt eine dritte Unterkunft, 2 Sterne. Ich gehe zurück zum Bahnhof und gebe mein Gepäck ab und suche nun unbeschwert. Und endlich! - ein Zimmer 50.000 Lire, sogar mit TV und Telefon. Bene.

Kurz ausruhen, Duschen, und wieder in die Stadt. Die Altstadt hat keine Fußgängerzone und auch keine autofreie Piazza. So bleibt mir nichts anderes übrig als durch den Verkehrslärm zu laufen. Das Stadtbild aber ist wunderschön. Ab und an eine Barockpracht, dazwischen Gassen und Gässchen, städtische, aber niedrige Häuser, in Würde gealtert.

Mir fällt auf, dass die Leute eigentlich nur eine Route für ihre Passagietta haben - die Via Vitt. Emanuelle. Und der schönste Platz - der Domplatz - ist menschenleer, obgleich er wie ein Innenhof von eben dieser Via Vitt. Emanuelle abgeht.

Die Autos quälen sich durch die Gassen, Fußgänger haben kaum Platz auszuweichen.

Etwas misstrauisch werde ich von den flanierenden Leuten beäugt, ich sehe zugegebenermaßen auch etwas schlampig aus mit den Bartstoppeln und der alten Jacke. Die Italiener dagegen - selbst im kleinsten Dorf - legen enormen Wert auf ihr gepflegtes Äußeres. Feiner Anzug, schöne Schuhe - so geht man spazieren. Die Jüngeren mit Sportklamotten, die Frauen in Leggins, die älteren Männer im Al Capone Stil mit Zwei-Reiher und Hut. Ältere Frauen dagegen sehe ich hier nicht.

Es ist jetzt 21:00 Uhr, ich bin müde vom Tag. Morgen geht es nach Gallipolli.

Gallipolli

Ich stehe um 7:00 Uhr auf. Ich suche die Touristeninfo; gestern hatte ich sie bereits am Ende eine Platzes im Wirrwarr der Gässchen gesehen, als ich mit dem Gepäck die Unterkunft suchte. Außerdem muss ich Geld wechseln. Die erste Bank hat noch zu, obwohl es bereits auf 10:00 zugeht, und ich eigentlich die Bahn nach Gallipolli nehmen will, es sei denn, ich kann hier günstig ein Auto mieten.

In der zweiten Bank komme ich nicht durch die elektrische Schleuse. Ich lege alles ab, es hilft nicht. Hier komme ich wohl nicht weiter, und komplett ausziehen will ich mich nicht müssen; ich verlasse die Bank und suche die Touristen-Info am Palazzo Sedile.

Ich frage die Leute nach dem Weg dorthin und bekomme alle Himmelrichtungen als Antwort.

Schließlich entdecke ich ein winziges Schild mit einem „i“; ich folge dem Pfeil und lande in einem kleinen Häuschen. Von wegen Palazzo. Ich bekomme vom misslaunigem Mensch hinterm Tresen wortlos Stadtplan, ein Heft über Apulien und die Adresse eines Autoverleiher ausgehändigt.

Zum Autoverleiher mache ich mich dann auf den Weg, und da ich noch Geld tauschen muss versuche ich noch Mal mein Glück bei einer Bank. Auch hier ein skeptischer Mensch. Fragt, ob der Eurocheck gedeckt sei (welche Antwort würde er erwarten, falls ich ein Betrüger sei?), er will noch eine zweite Unterschrift, photokopiert Ausweis und Checkkarte, und verlangt noch 5.000 Lire für den ganzen Aufwand.

Kein Glück beim Autoverleiher. Trotz hoher Preise (100.000 Lire) und Begrenzung auf 100 Kilometer sage ich zu, aber leider ist die Bezahlung ausschließlich mit einer speziellen Karte möglich.

Pech, also zurück zum Bahnhof, auf dem Weg dorthin noch schnell einen Espresso an einer Bar.

Um 12:50 fährt der Zug los, rattert und knattert und quetscht sich auf eine Einbahnstrecke. Das Abteil - es gibt nur ein einziges - leert sich, und ich kann mich endlich setzen.

Eine Stunde Knattert-Quietsch-Geratter, und ich komme in Gallipolli an.

15 Minuten vom Bahnhof in die Altstadt, die auf einer vorgelagerten Insel liegt. Bildhübsch!

Aber - Siesta. Tote Hose. Niente. Also laufe ich herum, setze mich an den Kai, lese in meinem Buch, schaue aufs Meer. Die Sonne brennt mir auf den Kopf. Ein kleiner Reisebus hält, spuckt deutschsprachige Touristen aus, saugt sie wieder ein und fährt weiter.

Ich kaufe Postkarten und schreibe sie. Dann ein Kaffee, eine kleine Pizza, und ein dickes Eis zum Abschluss.

Ich verlängere meinen Aufenthalt in Lecce für zwei weitere Tage um Martina Franca zu besuchen. Leider sind die Verbindungen dorthin beschissen; ich werde versuchen mit der Regionalzug von Lecce nach Bari zu fahren und in Ostuni auszusteigen, um von dort irgendwie Martina Franca zu zu erreichen (per Bus? Trampen?).

Bin müde, buena notte.

Ostuni, Martina Franka

Ich hab eine üble Nacht hinter mir. Die Zimmer sind hellhörig. Irgendwo lief laut TV und an der Rezeption diskutierten sie lauthals bis tief in die Nacht.

Um 8:00 stehe ich zerschlagen auf und will Duschen. Kein Wasser - na klasse.

Ich gehe zum Bahnhof, und hole mir das Ticket nach Ostuni. Eigentlich will ich noch einen Kaffee trinken um wach zu werden, aber der Zug fährt sofort los.

Rein in den Zug, Kippe an.

Ein kleiner Junge kommt auf mich zu - ich sitze neben einem alten dicken Mann auf Klappstühlen im Zwischenraum der Waggons, denn der Zug ist überfüllt - und der Junge redet auf mich ein, irgendetwas mit Zigarette. Ich biete ihm eine an - No No, und der Redestrom setzt wieder ein - ich schnappe Controlla auf. Ah, ich soll die Zigarette ausmachen! Der Dicke neben mir schüttelt beschwichtigend den Kopf, alles halb so wild, wir sind hier in Italien! Ich ziehe also genüsslich an der Zigarette und spüre einen sanften aber deutlichen Griff an der Schulter, und blick hoch in das Gesicht des Schaffners. Die Kippe muss aus. Na gut.

Der Zug fährt recht schnell, und ich komme nach einer Stunde in Ostuni an. Besser gesagt, 3 Kilometer unterhalb. Laut Reisebüchlein soll vom Bahnhof zu Stadt ein Bus fahren. Ich frage einen Mann nach den Fahrzeiten des Busses, er Antwortet: „Taxi“. Ich formuliere anders und frage nochmal, er antwortet nochmal „Taxi“. Ich frage den nächsten, er spricht englisch, und kurz danach sitze ich in einem Minibus, eingelullt vom angenehmen Parfum der Frau vor mir lehne ich mich zurück und schaue aus dem Fenster.

Nach 10 Minuten bin ich im Centro, ein hübscher Platz mit viel Verkehr.

Ich setze mich auf eine Bank, rauche eine Zigarette und versuche die Ordnung zu ergründen, welches sich hinter dem Schauspiel des Verkehrschaos vor mir verbirgt. Mittendrin ein Verkehrspolizist, der beharrlich aber ergebnislos das ganze Treiben zu dirigieren versucht.

Endlich eine Bar, und endlich mein Kaffee, leider keine Biscotti.

Ich frage den Mann hinterm Tresen nach dem Bus nach Martina Franka, und augenblicklich fangen alle in der Bar laut an zu diskutieren. Gibt es einen Bus? Wenn ja, wo fährt er? Der lauteste setzt sich durch, tippt mir bedeutsam auf die Brust und sagt: 13:00 Uhr fährt er los, direkt hier an der Bar.

Ich gehe zur Biglietteria und kaufe das Ticket für den Bus - 12:30 fährt er los.

OK, dann hab ich noch Zeit für Ostuni. Ich finde die Touri-Info, doch die hat zu. Also ohne Stadtplan der Nase nach. Ich komme in ein Viertel mit hübschen, wenngleich modernen zweistöckigen Häusern. Geschäftige Frauen hängen Wäsche auf.

Dann komme ich in das eigentliche Centro Storico. Ich traue meinen Augen nicht, es wird keiner glauben der nicht schon hier war, dass dies nicht die Kykladen in Griechenland sind. Ich stiefel durch blenden weiße Gänge, Treppchen rauf, Treppchen runter, hier eine tolle Aussicht, da eine Kirche. Es hört einfach nicht auf. Ab und an in den anthroposopisch-rund geformten Wänden Durchgänge mit Barockportalen - welche ein Kontrast! Ich bin verzaubert. Das ist hier ein Höhepunkt meiner Reise; Bin jetzt schon gespannt wie die Fotos werden.

Zurück zur Haltestelle an der Bar, ich warte, doch alle Busse fahren vorbei. Schließlich erklären mir die Passanten, dass die eigentliche Bushaltestelle weiter unten sei. Schließlich sitze ich im Bus und fahre nach Martina Franka.

Ostuni
Ostuni

Ostuni
Ostuni

Otranto

Ein diesiger Morgen begrüßt mich; ich fahre mit dem Zug nach Otranto. In meiner Phantasie fuhr ich zu einem verschlafendem Fischerdörfchen, mich erwartet ein etwas langweiliger Badeort mit den üblichen Neubausiedlungen. Was solls, ich laufe herum, das Kastell wird leider renoviert und ist nicht zugänglich. Pech. Die Öffnungszeiten der Basilika habe ich gerade verpasst. Pech- Ich schlendere zum Hafen, lese dort ein wenig und pauke Italienischvokabeln. dann gehts wieder zurück. Der Zug hat 1 1/2 Stunden Verspätung. Nein, das ist heute irgendwie nix.

Am Abend stelle ich fest, dass ich mir trotz diesigem Wetters kolossal die Stirn verbrannt habe. Ich schmiere dicke Schichten Niveacreme drauf, die sofort weggesaugt werden.

Ich hab mich entschieden, nicht nach Matera zu fahren, sondern direkt nach Sizilien. Es ist fast Halbzeit des Urlaubs; Italien kann ich selbst in so einem langen Urlaub nicht ganz kennenlernen, aber immerhin noch ein paar Teile Siziliens.

Ich hab in Taormina angerufen und mit ein Hotelzimmer reservieren lassen, die Lauferei hab ich nämlich satt!

Lecce - Taormina

Die Sonne knallt vom Himmel, kein Wölkchen graut das Land.

Ich will in einem Rutsch von Lecce nach Taormina fahren.

Zunächst verlasse ich Lecce und fahre nach Brindisi. Nach 45 Minuten bringt mich der nächste Zug nach Taranto.

In Taranto hab ich zwei Stunden Aufenthalt, ich gebe ich das Gepäck im Bahnhof ab und mache mich zu Fuß auf den Weg, die Stadt zu erkunden. Was für ein Moloch!

Nach 10 Minuten komme ich zur Altstadt, in die ich mich nicht reintraue. Dunkle, feuchte Gassen, kaum ein Mensch zu sehen. Das Wetter untermalt die Stimmung mit grauen Wolken. Ich gehe auf der befahrenen zweispurigen Straße an der Altstadt vorbei zum Castello. Die Straße grenzt direkt an die Häuser, es gibt keinen Bürgersteig. Wer hier blind aus dem Haus tritt wird überfahren. Überall an der Straße flattert Wäsche im Wind.

Für den Besuch des Castellos fehlt die Zeit, ich gehe zurück. Plötzlich fängt es an zu tröpfeln, 5 Minuten später ein Wolkenbruch. Ich suche in der Altstadt Schutz. Die leicht abschüssigen Straßen werden zu Wildbächen. Abwarten, unterstellen, und dann hurtig zurück zum Bahnhof.

Dunkle Ecken in Taranto, Apulien, Italien 1994
Dunkle Ecken in Taranto, Apulien, Italien 1994

Taranto -> Paola

Der Zug fährt mit Verspätung los, und führt von der Ostküste durch das hügelige Inland Kalabriens zur Westküste.

In mein Abteil kommt ein junger Italiener, wir beginnen eine Unterhaltung mit klarer Rollenverteilung: Er redet, ich nicke. Auch er muss den Intercity von Paola nach Regio Calabria bekommen; es wird knapp, aber wir schaffen es.

Wir fahren 1 1/2 Stunden im völlig überfülltem Zug, dazu das Gegröle einer Horde Jugendlicher. Mir und der Hälfte der Mitreisenden wird das Gebrüll zuviel und wir flüchten in andere Bereiche des Zuges.

Der Blick aus dem Fenster ist spektakulär! Der Zug fährt etwas oberhalb der Küste, ab und an gibt es Dunkelpausen durch Tunnel.

Der Tag und die Fahrten sind noch nicht zu Ende. In Villa San Giovanni steige ich aus und renne allen anderen nach; die Fähren liegen direkt am Bahnhof (besser gesagt, der Bahnhof liegt am Hafen). 1/2 Stunde ruhige Überfahrt mit der Fähre nach Messina, und ich verpasse dort knapp den Zug nach Taormina. Um 22:00 Uhr komme ich endlich am Bahnhof Taormina Giardini an. Kein Bus, kein Taxi. 13 Stunden bin ich jetzt unterwegs, und jetzt noch der mühsame Aufstieg ins Centro. Schweissnass komme ich 45 Minuten später dort an, rein ins Hotel.

Mein Zimmer ist im zweiten Stock; etwas bescheiden für 50.000 Lire. Bad und Klo auf der Etage, wenngleich exklusiv für mich.

Müde, Feierabend.

Taormina

Die Lage von Taormina ist wirklich atemberaubend, aber leider strotzt es jetzt schon im April vor Touristen. Ein Souvenirgeschäft neben dem anderen, abends Cocktail und Pianomusik, eine Bar namens „Wunderbar“. Man spricht deutsch, wie mein Autoverleiher, der sein deutsch damals noch von den Nazis lernte. „Das waren gute Menschen“ sagt er mit blitzenden Augen. Ich erstarre und verlasse das Büro.

Horden von Touristen, Franzosen, Italiener, Deutsche, Schwaben laufen mit Rucksäcken voll Kameras und Videorekorder über den Corso Umberto und knipsen die Filme voll. So einen Diaabend will ich nicht erleben, 6 Stunden Marathon durch 10 Magazine.

Eigentlich will ich zum Castell laufen, aber die Sonne ist schon um 10:00 Uhr zu wuchtig und mein Kopf genügend gerötet. Ich ziehe mich ins Hotel zurück, schnappe mir die dort ausliegenden Touristinfos und lese. Hier gibt es viel zu sehen, aber wenig zu entdecken. Man stellt sich einfach an eine Schlange an, und wenn man dran ist drückt man auf den Auslöser. Ich sehne mich nach der Abgeschiedenheit des Gargano und Salento zurück, wo ich als einziger Tourist skeptisch aber freundlich behandelt wurde. Der Trubel hier geht mir ziemlich auf den Geist.

Immerhin: wonach ich in vorigen den Orten Städten vergeblich suchte - Sonnenmilch, welcher Italiener braucht im April Sonnenmilch - bekomme ich hier an jeder Ecke.

Später mache ich dann meinen Spaziergang zum Castell. Von oben weite Sicht auf das höher gelegene Castelmola. Vom Castell selbst ist kaum was übrig, aber man kann auf ein Plateau steigen und hat eine schöne Rund-um-Sicht.

Auf dem Rückweg gehe ich die Straße, meine Kappe tief ins Gesicht gezogen um mich vor der Sonne zu schützen. Ich finde eine Pizzeria außerhalb des Trubels, aber die hat leider zu. Zurück in Taormina gehe ich ins Hotel; In dem Gedränge der Gassen will ich nicht sitzen.

Ich setze mich ans Fenster und schreibe mein Tagebuch; die frische, fast kühle Abendluft strömt herein zusammen mit dem Gebrabbel der Menschen und dem obligatorischen Mofagedröhn.

Taormina - Calstelmola, Sizilien, Italien 1994
Taormina - Calstelmola, Sizilien, Italien 1994

Blick zum Ätna von Castelmola, Sizilien, Italien 1994
Blick zum Ätna von Castelmola, Sizilien, Italien 1994

Taormina, letzter Tag

Ich leihe mir ein Moped, mangels Alternativen bei dem alten Nazifreund. Gleich beim ersten Stop krieg ich es nicht an. Mit Anrollen am Hang klappt es endlich. Ich fahre an die Küste, und über Giardini Naxos, Gaggi nach Francavilla. Bezaubernde Landschaft, der Ätna immer schläfrig und behäbig dominant in Sichtweite. Ich hab kein Vertrauen in das Moped, also fahre ich nicht weiter und kehre um, am Meer dann aber noch ein Stück Richtung Messina.

Ich hab den Fahrtwind unterschätzt, welcher mir - eiskalt - die Finger friert und den Hals aufraut.

Im Hotel kleine Siesta, um 17:00 noch einmal zum Castello di Mola, dort will ich die Abendstimmung erleben und später, wenn der höllische Verkehr nachgelassen hat, das Moped abgeben.

Castelmola in der Abendstimmung ist wundervoll. Der Blick über die Küste bringt mich zum Nachdenken über die Erlebnisse meiner Reise.

Unter mir liegt Castelmola, dahnter das Castell, dann Taormina und das griechische Theater.

Es dämmert, ich fahre zurück und bleibe im Verkehr in der Via Roma stecken. Umkehren geht nicht, die Einbahnstraßen zwingen einen im Kreis zu fahren.

Irgendwann bin ich beim Autoverleiher und kann das Moped abgeben.

„Morgen ist Feiertag“, sagt er, „Tag des Sieges der Faschisten“. Er korrigiert sich: „Sieg der Antifaschisten“.

Belpaso

Schlecht geschlafen, die Influenza kündigt sich an. Um 7:30 frühstücken, dann mein Zeug gepackt und nach einem Cappucino an einer Bar in die Wechselstube, 3 Travellerchecks á 100 DM eingelöst. Um 10:00 ein Auto gemietet, den Rest des Gepäcks geholt und los.

Ich will rund um den Ätna fahren und auf der westlichen Seite ein Hotel besorgen. Das Auto - Fiat Uno - schafft mit einer Person gerade so eine Bergfahrt, zu zweit würde das nichts werden. Dafür hat das Auto ein Sun-Roof, aber zur Zeit schifft es.

Ich fahre wie schon mit dem Moped zuvor in Richtung Francavilla, und bin recht unsicher ob der Einschüchterungen des Verleihers, der mir sagte, dass hier auch bei fahrenden Autos die Scheiben eingeschlagen werden, um Gegenstände aus dem Auto zu klauen.

Bloss nichts im Wagen lassen, bei der Fahrt alles in den Kofferraum, wenn man das Auto verläasst alles aus dem Auto holen. Nun gut, dann werde ich wohl während meiner Fahrt von einem Hotel zum nächsten zwischendurch keine Stops machen.

Hotels finde ich leider keine, bis ich irgendwann nach Palermo ein Schild „Belpaso“ sehe. Ich erinnere mich an einen Bericht im Merian, dass der Ort Malpaso („Durchgang des Bösen“) beim Erdbeben von 1693 komplett zerstört wurde. Als die Einwohner sich an den Wiederaufbau machten, tauften sie den Ort nunmehr Belpaso - Durchgang des Guten. Ich fahre in den Ort und sehe ein Schild „Hotel Etna“. Das Hotel wird genommen. Teuer kann es nicht sein, die Gegend ist öde. Ich hab Glück und fahre in die richtige Straße, welche mich zu einem tristen Neubau führt: Hotel Etna. 40.000 Lire, Dusche und TV. Ich buche.

Ich pack das Zeug aufs Zimmer und fahre noch zum Ätna, triste gegend. Auf 2000 Meter beginnt das Schlacke-Geröllfeld, es liegt Schnee, es ist kalt. Nun denn, dann wieder zurück.

Schlackefelder am Ätna, Sizilien, Italien 1994
Schlackefelder am Ätna, Sizilien, Italien 1994

An den Hängen des Ätna, Sizilien Italien 1994
An den Hängen des Ätna, Sizilien Italien 1994

Sizilianischer Verkehr, Sizilien, Italien 1994
Sizilianischer Verkehr, Sizilien, Italien 1994

Belpaso, zweiter Tag

Früh aufgestanden, und unten an der Bar einen Cappucina spendiert bekommen von dem freundlichen Mann. Der Schlüsselwächter dagegen ist schweigsam und grimmig, wer den zum Lächeln bringen will braucht viel Talent.

Das Wetter ist zunächst vielversprechend, ich fahre kreuz und quer durch eine wunderbare Gegend mit Ziel Enna. Die Orte liegen auf Bergkämmen, und entsprechend jault der Motor beim Erklimmen.

Häuser und Gassen verlebt mit morbidem Charme.

In Enna erschöpft angekommen, das Wetter grau in grau. Von der vielgerühmten Aussicht nichts zu sehen. Ein wenig durch die Stadt spaziert, und zwiespältige Erinnerungen gesammelt. Auf dem selben Weg zurück nach Belpaso.

Eine kleine Siesta im Hotel bis 17:00, ich frage ob ich etwas zu Essen bekommen kann. Claro! Setzen!

Ein großer gefliester Raum mit Kantinencharme, ein Dutzend gedeckte Tische, ich alleine mittendrin. Zwei Personen an der Bar glotzen TV. Ich warte und warte, und frag mich, ob die mir jetzt extra eine Menukarte malen. Endlich kommt ein Knabe mit einem Zettel. Ich bestelle Spaghetti Gamberetti und einen Tomatensalat, die Typen an der Bar fragen den Knaben was der Deutsche wohl bestellt habe und witzeln Spaghetti Bolognese.

Das Essen schmeckt, Bier gibts in Dosen ohne Glas. ich zahle 13.000 Lire, gehe aufs Zimmer und reserviere ein Zimmer im Hotel Giovanni in Ragusa.

Ragusa

Wetterbericht im TV: komplett bewölkt auf Sizilien. Der nettte Mann spendiert mir einen Cappucino, und dann los nach Ragusa. Nach einigem Kreuz und Quer auf den Wegen schließlich in MisterBianco (Herrlicher Name!) auf die richtige Straße gekommen, Ragusa ist ausgeschildert. 1 1/2 Stunden Fahrt durch ebenes Land; Ragusa soll zwischen Schluchten liegen?

Die Sonne gibt sich Mühe, vielleicht wird es doch noch schön. Das Hotel lässt sich schnell finden. In der Bar einen Kaffee, der Barkeeper verwickelt mich in ein Gespräch, das Gepäck nun aufs Zimmer, Sachen waschen und dann endlich in die Stadt, nach Ibla laufen.

Alle Straßen rund um das Hotel sind aufgerissen, es wird mächtig gebaut. Der Lärm wird nicht meinen Morgenschlaf stören, ich bin eh Frühaufsteher.

Hübsches Stadtbild, steil, immer rauf und runter. Und das mit dicker Nase. In Ibla interessiert mit der Piazza Duomo. Schöner Dom, am höhergelegenem Ende des Platzes. Ruhig, Siesta, Palmen, alles überschaubar. Auch der Dom ist schwer gerüstet, es wird repariert.

In einer Bar esse ich Focaccia, dazu ein Cafe. Sehr nette Leute hier, hilfsbereit, aufmerksam, keine abweisenden Reaktionen. Auch im Tourioffice sehr freundlich. Draußen frage ich einem Mann nach dem Weg, und nach seinen Erklärungen schüttelt er mir lange die Hand.

Außer mir nur ein paar versprengte Touristen, weniger als Finger an einer Hand.

Meine Stimmung bessert sich. Noch etwas mehr Sonne und weniger Influenza, und ich kann sogar den Belpasotrip verarbeiten.

Zurück am Hotel schafft es der Bagger, meine Gemütslage in Windeseile wieder zu ruinieren. Ich packe meinen kleinen blauen Kinderrucksack und spring ins Auto, raus aus Ragusa, Richtung Meer, nach Marina die Ragusa.

Die Siedlungen am Meer austauschbar und langweilig, die ganze Gegend am Meer ist sowieso eher flach, nur Ragusa liegt auf einer Art Hochebene mir vereinzelten Schluchten.

So ist dieser Landstrich eigentlich öde, die Feriensiedlungen am Meer sind ausgestorben. Überall hängen Schilder: Bar, Tabacchi, Resto, aber alles hat zu.

Das Wetter wird fein, das Sunroof auf und offen durch die Landschaft brausen. Die Küste hier ist langweilig, ich fahre ins Landesinnere, passiere das quadratische Vittoria und erreiche Chiaramonte Gulfi.

Der Ort liegt auf einer Anhöhe mit steilen Flanken, die Straße schlängelt sich hinauf. Direkt am Abhang nur Neubauten im hässlichen DDR Kontrollposten-Charme.

Der Platz am Dom aber beschaulich und wunderbar schlicht und schön. Die Wände der Häuser voll Balkone mit Blumentöpfen, in denen kleine Pflanzen hocken. An jeder Flanke des Platzes eine Bar. Alles geschieht entspannt in Zeitlupe. Leute flanieren, diskutieren, verwickeln mich in Gespräche. Leider reicht mein Italienisch nicht, und so erzähle ich immer dieselbe Geschichte.

Im Alimentouri kaufe ich herrliche Hartwurst und ein schimmeliges aromatisches Etwas, das kein Käse ist. Was das wohl sein mag? Auch die Verkäuferin redet mit mir als sei ich Italiener, ich sage wo ich herkomme und was ich zu Hause arbeite, sie redet und ich verstehe niente. Sie lacht schallend, „io lavoro mercato“ repetiert sie. Jetzt lache ich auch.

Ragusa, Sizilien, Italien 1994
Ragusa, Sizilien, Italien 1994

Ragusa, Sizilien, Italien 1994
Ragusa, Sizilien, Italien 1994

Ragusa, Sizilien, Italien 1994
Ragusa, Sizilien, Italien 1994

Modica, Noto

Um 5:00 machen die Vögel vor dem Fenster Rabatz, der Kirchturm läutet halbstündlich. Die Sonne scheint ins Fenster, ich luge hinaus: solare totale! Das will genutzt sein! Frühstück, ins Auto, Verdeck auf und los gehts es.

Ich will nach Modica, verfahre mich und lande zunächst wieder am Meer, finde aber schließlich den Ort. Ich orientiere mich am Kirchturm, da wo ein besonders hoher steht, ist das Zentrum, denke ich. So lande ich in Alta Modica, dem höher gelegenem Teil.

Ein Espresso in der Bar Diana - die Cappucina-Maschine ist kaputt - dann schlendere ich die Steilen Gassen hinab und lande an der Chiesa San Giorgio: ähnlich wie der Dom in Ragusa Ibla, geschlungene Vorderseite, Säulenrelief und eine Freitreppe, die nach Modica Bassa führt.

Ich spaziere durch das überschaubare Zentrum am Corso, die Stadt selbst ist steil auf Flanken gebaut.

Hübsche Stadt, überschaubar, ruhig, gelassen, angenehm. Moderates Tempo durch winklige Ecken.

Ich fahre weiter nach Noto, die sogenannte „Hauptstadt des sizilianischen Barock“. In einem komplett quadratischem Muster entworfen, auf einen leichten Abhang gelegt, durchgängig in sanftem Ocker gebaut. Überragender Piazza Municipio.

Barock, dem das Auge nicht entfliehen kann, doch durch die quadratische Struktur etwas langweilig. Auch hier dasselbe Webmuster der Einbahnstraßen mit alternierenden Fahrtrichtungen.

Die Häuserblöcke relativ kurz, auch die kleinsten Häuser warten mit schönen Details auf.

Im Zickzack durch die Straßen zurück. Zum Abschluss eine Cola und ein dickes süßes etwas, groß wie ein Tennisball.

Schmiedeeiserne Balkone in Sizilien, Italien 1994
Schmiedeeiserne Balkone in Sizilien, Italien 1994

Ragusa - Syrakus

Früh aufstehen, Duschen. Als ich merke, dass das Wasser nicht so schnell abläuft wie es reinströmt, habe ich schon das ganze Zimmer unter Wasser gesetzt. Aufgeregt zum Portier, der mit den Achseln zuckt. Na dann.

Um 9:00 Uhr fahre ich los, um 11:00 bin ich in Syrakus. Die halbe Stadt ist gesperrt, der 1. Mai und die Festa de San Lucia fallen zusammen. Grande spettacolo domani.

Ein putziges Hotel, und ich habe das putzigste Zimmer. Auch das Fenster geht zum Gang raus. Liebevoll eingerichtet, alles hängt voller Bilder, der Patron, ein weißhaariger Knuddel, murrt.

Kurze Siesta bis 14:00 Uhr, dann die erste Stadt-Tour, es fängt an zu regnen. Die Altstadt auf der Halbinsel Ortigia finde ich nicht so spannend; verblichener Prunk und bröckelnder Putz in schmalen Gassen. Rundherum läuft eine Straße, ich laufe, eine Backe immer zum Meer.

Das Castel traditionell wie in Vieste vom Militär beschlagnahmt. Der Dom leider geschlossen. ich schlendere durch die Gassen; an jeder Ecke eine Trattoria tipico, dazwischen Bars. Hinter einem offenen Tür eine Protituierte in einem winzigen Zimmer, über der Tür leuchtet ein Lämpchen. Sie auf dem Bett, daneben ein Trimmrad.

Die Piazza Archimede unumgänglich, man landet immer dort. Eine schöne Ecke dann im hoffnungsvollem Sonnenschein: die Fontana Aretusa.

In Neapolis, der Neustadt, das große griechische Theater gesehen, es wird für die Aufführung zum Fest gerüstet.

Zum Ohr des Dionysios, beeindruckend!

Eine Höhle, 60m lang, 23m hoch. Man kann sich größere vorstellen, aber wenn man dann drin ist, ist man überwältigt. Die versprochene Geräuschverstärkung des Ohrs beeindruckt weniger, als wenn man am Eingang steht und mit dem Finger schnippt - das Echo ist klasse.

Zurück zum Hotel, müde, um 21:00 ins Bett.

Syrakus Sizilien, Italien 1994
Syrakus Sizilien, Italien 1994

Fonte Aretusa, Syrakus, Sizilien, Italien 1994
Fonte Aretusa, Syrakus, Sizilien, Italien 1994

Syrakus, Sizilien, Italien 1994
Syrakus, Sizilien, Italien 1994

Syrakus, Sizilien, Italien 1994
Syrakus, Sizilien, Italien 1994

2. Tag Syrakus

Das Wetter müht sich, das Frühstück toll: aufgebackenes Brot, Kekse, Obst! Ein Murrkopf ist’s, der alte weiße Nonno, aber ein lieber.

Ich will das Wetter nutzen und rausfahren, Ziel Palazzolo Acreide. Ich komme matt und erschöpft an, kaufe Aspirin. Zum herumlaufen viel zu schlapp, und durch das viele Schneuzen sind auch noch die Ohren verstopft.

Gleich weiter um die Höhlengräber bei Ferla zu besuchen. Im Tal hinter Ferla stoße ich auf eine Art Eingang, an einer kleinen Blockhütte sitzt ein Italiener, der mir klar macht, dass es 13km bis zu den Gräbern ist - private Autos verboten. Also gut, gehe ich spazieren.

Das tut gut: schönes Wetter, phantastische Schluchten. Hier und da ein Häuschen, ein Bach. Nach 45 Minuten ein Orangenhain, an dem ich mich fleissig bediene. Dann ist die Puste aus, ich kann nicht weiter.

Hinter mir höre ich einen Motor grollen - ein Bus! Der Fahrer lädt mich neben sich, und mit lautem Getöse geht es den Holperweg entlang. Der Tag wendet sich zum Guten!

In einem Mischmach aus italienisch und englisch plaudere ich mit dem Fahrer. Er arbeitet beim hiesigen Forstbetrieb, und fährt die Strecke hin & her, hin & her. Sonntags soll hier die Hölle los sein, ich bin der einzige Fahrgast, bis eine weitere Gruppe aufgelesen wird: 4 Italiener in meinem Alter, 3 Männer und eine Frau, nett und symphatisch.

Irgendwann kommen wir in einem Tal an, die Gräber sind oben am Bergkamm. Der Busfahrer erklärt, dass das hier ein beliebter Picknickplatz sei. Der nette Fahrer plaudert mit mir, seit vielen Jahren fährt er Menschen auf dieser Strecke. Nach einer Stunde eiern wir im Bus zurück, der Fahrer sagt mir, dass auch eine Straße auf den Bergkamm führen würde, wünscht mir viel Glück und schüttelt mir lange die Hand. Was für ein netter Mensch.

Und ich finde die Straße hinauf auf den Kamm, und bin entzückt, berauscht. Ich will fotografieren, und just jetzt ist der Film zu Ende, der Ersatzfilm doch nicht eingepackt. Ich kaufe schnell einen Ersatzfilm in Floridia und komme noch einmal zurück, und fotografiere.

In Ferla im Alimentari Wurst, Käse und Wein aus dem Kanister kaufen. Der Verkäufer: „tedesco?“. Si si. Langes Handegeschüttel. Noch so ein netter Mensch. Ein toller Tag trotz Schnupfen, bin glücklich.

Nekropole Pantalica, Ferla, Sizilien, Italien 1994
Nekropole Pantalica, Ferla, Sizilien, Italien 1994

Nekropole Pantalica, Ferla, Sizilien, Italien 1994
Nekropole Pantalica, Ferla, Sizilien, Italien 1994

Landschaft bei Ferla, Sizilien, Italien 1994
Landschaft bei Ferla, Sizilien, Italien 1994

Landschaft bei Ferla, Sizilien, Italien 1994
Landschaft bei Ferla, Sizilien, Italien 1994

Landschaft bei Ferla, Sizilien, Italien 1994
Landschaft bei Ferla, Sizilien, Italien 1994

Piazza Armerini

Erkältung geht besser, aber etwas schwindelig. Gefrühstückt - der Patrone ist wirklich ein eigenartiger Kerl - und ein Zimmer in Rom reserviert. Zeit die Rückreise anzutreten. Ich kaufe das Bahnticket, was nicht ganz einfach ist.

Das Wetter ist gut, also raus! Mein Ziel ist wieder Enna, vielleicht sieht es bei Sonne ja besser aus, also ab durch die Mitte Siziliens.

Ich wusel kreuz und quer über die Straßen und lande in Floridia, und entscheide mich nach Piazza Armerina zu fahren und die Mosaiken anzuschauen. Nach weiterem Gewurstel über die Straßen komme ich schließlich in Piazza Armerina an.

Schöne Lage der Stadt, die Kirche protzt von weitem, ich folge dem Schild Al Mosaici. Ein Haufen Reisebusse, ich finde einen Parkplatz und ein Raubart von Parkwächter kassiert 2.000 Lire.

Die Ausgrabungsstellen sind gut organisiert; überdachte Pfade führen an und über die Bodenfliesen. Die Mosaiken interessieren mich nicht sonderlich. Eine deutsche Reisegruppe vor mir erzählt von skandalösen Mosaiken im Schlafgemach, und suche und entdecke mit Mühe nackten Po, Pimmel und Busen. Na gut, dann raus aus Piazza Armerini und weiter nach Enna.

Anfahrt in Enna diesmal von der anderen Seite, am Dom vorbei und schon bin ich wieder draußen. Wenden, nächster Anlauf, ich versuch dem Hinweis „Centro“ zu folgen. Die Gassen werden immer enger, stecke fast fest und muss rückwärts zurück, zurück. Ich schaffe es irgendwie, irgendwo zu wenden. Enna, das wird nichts. Ich fahre zur Autobahn Richtung Catania, auf der Strecke phänomenale Aussicht, aber kein Platz und keine Lust anzuhalten.

Noch ein kurzer Abstecher nach Agrigento und eine lange, lange Fahrt zurück.

Piazza Armerini
Piazza Armerini

Syrakus - Rom

Ein langer, anstrengender Reisetag. Ich fahre nach Catania, und komme in 9:00 in Taormina an. Zunächst zum Bahnhof das Gepäck abgeben. Rauf in die Stadt den Wagen abgeben, dann hurtig zu Fuß wieder hinab zum Bahnhof.

Der Zug natürlich komplett überfüllt. In Messina fährt er in ein Schiff, es schaukelt, in Villa San Giovanni fährt er wieder raus. Um 18:00 dann in Rom gelandet. Es sind deutlich mehr Touristen unterwegs als auf der Hinfahrt.

Nun Rom. Ich fahre mit dem Bus Richtung Pyramide, und laufe zum Testacchio. Der ist leider nicht zu besichtigen - zona archaeologica - ingresso interdito. Ich laufe drunherum; lauter Handwerksbetriebe und eine große Einfahrt zum Schlachthof. Ich gehe Richtung Trastevere, beschaulich, kreuze den Tiber komme zum Campo del Fiori. Beeindruckende Schwertfische auf den Markständen.

Am Piazza Navona weiter zum Pantheon, und weiter zur spanischen Treppe. Elegante Boutiquen.

Ein unangenehmer Kontrast, die abgewrackten on-the-road-Freaks aus aller Welt, und der Hohn und Spott, der von jungen Italienern über sie ergossen wird.

Von der spanischen Treppe zum Monument V. Emanuelle und endlich das Kapitol gefunden, es verschwindet einfach hinter dem kolossalem Monument.

Im Merian lese ich, dass sich der Begriff Palazzo ableitet von den Bauten auf dem Palatin, dem kapitolischem Hügel Roms.

Zurück zum Hotel, das eigentlich ein Loch ist, eine Absteige für 45.000 Lire.

Ich mache ein Hotel für Bologna klar. Dort werde ich noch einmal Station machen, Lebensmittel kaufen, und dann geht es endgültig zurück nach Berlin. Die Reise ist zu Ende.

Schwertfisch am dem Campo dei Fiori, Rom, Italien 1994
Schwertfisch am dem Campo dei Fiori, Rom, Italien 1994

Schlafende Hunde soll man nicht wecken, Italien 1994
Schlafende Hunde soll man nicht wecken, Italien 1994

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